Mittwoch, 28. Februar 2018

Eine der „schwierigsten Aufgaben“ des Bundesdenkmalamtes

In meinen bisherigen Beiträgen in dieser Blogschrift[1] habe ich mich sehr kritisch zu diversen Aspekten der archäologischen Denkmalpflegepraxis und -lehre geäußert und insbesondere auch die Denkmalämter durchaus harsch kritisiert. Aus gegebenem Anlass sehe ich mich nun aber auch einmal veranlasst, einen Beitrag zu ihrer Verteidigung und insbesondere der Verteidigung des österreichischen Bundesdenkmalamtes (BDA) zu schreiben.

Zwar wird auch in diesem Beitrag die staatliche archäologische Denkmalpflege nicht geschont, weil diese Verteidigungsrede teilweise der Tatsache geschuldet ist, dass die staatliche Denkmalpflege ihren gesetzlichen Auftrag nicht deutlich genug kommuniziert. Dennoch: die staatliche archäologische Denkmalpflege macht keineswegs alles falsch, was sie tut; sondern ganz im Gegenteil das meiste durchaus richtig, was auch gelegentlich in entsprechender Deutlichkeit festgestellt werden muss.

Planierraupe bei der Arbeit.
(Bild: Witold Grzesiek 2010, Wikimedia Commons)
Der konkrete Anlassfall, der mich dazu bewogen hat, diesen Beitrag zu verfassen, ist ein bedauerlicher: ein mit mir befreundeter, österreichischer Heimatforscher hat mir soeben über die jüngst vorgekommene Zerstörung zweier mittelalterlicher Bodendenkmale in seinem Hauptforschungsgebiet berichtet. In diesem Zusammenhang hat er auch bitter beklagt, dass das BDA in diesem Fall (wie auch schon zuvor in diversen ähnlich gelagerten Fällen) nichts unternommen habe und daran auch überhaupt kein Interesse zu haben scheine.

Versetzt man sich in seine Position, ist diese Klage auch völlig nachvollziehbar: die mit dem Schutz der (Boden-) Denkmale betraute Bundesbehörde scheint oft selbst dann nicht aktiv zu werden, wenn ihr Bürger von vorgekommenen Schäden an Denkmalen berichten, an deren Erhaltung diese Bürger ein Interesse haben. Das scheint dem an der Denkmalerhaltung interessierten Bürger klarerweise unverständlich; und er fragt sich dann, ob das BDA seine ihm gesetzlich aufgetragenen Aufgaben auch ordnungsgemäß erfüllt. Dabei hat das BDA in vielen dieser Fälle seine ihm gesetzlich aufgetragenen Aufgaben, und insbesondere eine seiner „schwierigsten Aufgaben“ (RV 1999, 39), tatsächlich erfüllt; und es ist „nur“ der Bürger, der das nicht richtig erkannt hat.

Wer soll eigentlich Denkmale schützen?

Es ist ein im deutschen Sprachraum – nicht zuletzt aufgrund der jahrzehntelangen, dementsprechenden Handhabungspraxis durch die staatlichen Denkmalschutzbehörden – ein extrem weit verbreitetes Missverständnis, dass die Aufgabe, Denkmale zu schützen, eine ausschließliche Aufgabe des Staates (und seiner damit beauftragten Denkmalbehörden) sei; sogar in den staatlichen Denkmalbehörden selbst (siehe dazu sinngemäß auch schon Karl 2016). Tatsächlich stimmt das aber nur teilweise bzw. nur sehr bedingt, denn eigentlich ist die Aufgabe, die besonders bedeutenden Denkmale zum Wohl der Allgemeinheit zu schützen, eine zwischen dem Staat und seinen Bürgern geteilte Aufgabe. Dass es sich bei der Denkmalpflege um eine zwischen Staat und Bürgern geteilte Aufgabe handelt, zeigt sich insbesondere im österreichischen Denkmalrecht besonders deutlich; sowohl in der einschlägigen verfassungsrechtlichen Grundlage als auch im Denkmalschutzgesetz (DMSG) selbst.

Die Aufgaben des Staates im Bereich des Denkmalschutzes

Welcher Teil der Aufgabe des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege den Staat trifft, wird dabei durch die Kompetenznorm des Art. 10 Abs. 1 Z 13 B-VG bestimmt. Diese Verfassungsbestimmung legt fest, dass im Bereich Denkmalschutz „die Gesetzgebung und die Vollziehung“ eine Sache (d.h. eine Aufgabe) des Bundes ist. Der österreichische Staat – und zwar in diesem wiederum der Bund, nicht jedes einzelne der 9, die Bundesrepublik Österreich konstituierenden, Länder jeweils für sich selbst – hat also die für den Denkmalschutz benötigten Gesetze zu erlassen und auch selbst für den Vollzug dieser Gesetze Sorge zu tragen.

Seiner gesetzgebenden Aufgabe ist der Staat 1923 hauptsächlich durch die Erlassung der Erstfassung des (seitdem mehrfach novellierten) DMSG nachgekommen, das bis heute die wichtigste gesetzliche Grundlage des Denkmalschutzes in Österreich darstellt. Daneben gibt es auch noch einige andere relevante Gesetze, die uns an dieser Stelle aber nicht näher beschäftigen müssen, weil sie für diesen Beitrag weitgehend irrelevant sind.

Seiner Vollzugsaufgabe ist der Bund hingegen durch die Einrichtung der dafür erforderlichen Bundesbehörden nachgekommen; darunter primär – als unmittelbar für den Denkmalschutz zuständige Behörde – das BDA. Aber er hat auch (sekundär) diverse andere Behörden wie die Polizei, und die Gerichte geschaffen, die ebenfalls – wenn auch nur unter gewissen Voraussetzungen – Vollzugsaufgaben im Bereich des Denkmalschutzes haben. Die Aufgabe dieser Behörden ist es, die einschlägigen Gesetze durchzusetzen, d.h. ihre Einhaltung durch die Bürger zu erreichen bzw. notfalls auch mittels staatlicher Gewaltmaßnahmen zu erzwingen.

Die Hauptaufgaben des BDA

Die Hauptaufgabe der primären Vollzugsbehörde für den Denkmalschutz, des BDA, ist dabei primär die Verwaltung der Denkmale; d.h. die Anwendung der denkmalrechtlichen Bestimmungen. Das bedeutet insbesondere, dass das BDA Nachforschungen anzustellen hat, die dem Zweck der Ermittlung dienen, welche der unzählig vielen Denkmale, die es in Österreich gibt, von derart beschaffener geschichtlicher, künstlerischer oder sonstiger kultureller Bedeutung sind, dass ihre Erhaltung aufgrund dieser Bedeutung iSd § 1 Abs. 1 DMSG im öffentlichen Interesse gelegen ist. Diese Denkmale hat es dann in einem der in § 1 Abs. 4 genannten Verfahren, d.h. durch einen separaten Verwaltungsakt (nach dem sogenannten konstitutiven Prinzip; DGUF 2013) unter Denkmalschutz zu stellen. Ebenso hat es diverse andere im Gesetz – so z.B. in §§ 5 Abs. 1, 9 Abs. 3 oder 11 Abs. 1 – genannte, rechtsgestaltende Verfahren durchzuführen und ebenfalls durch jeweils separate Verwaltungsakte zu entscheiden.

Zusätzlich hat das BDA erforderlichenfalls auch – wenn ihm mutmaßliche Verstöße durch Normunterworfene gegen das DMSG oder andere denkmalrechtliche Bestimmungen bekannt werden – Anzeigen an die zur Strafverfolgung zuständigen Behörden zu erstatten. Die Letztgenannten haben dann – wenn dem Täter eine Verwaltungsübertretung oder mit strengerer gerichtlicher Strafe bedrohte Tat nachgewiesen werden kann – den Täter entsprechend den gesetzlichen Strafbestimmungen (hauptsächlich des § 37 DMSG bzw. des § 126 Abs. 1 Z 3 StGB) zu bestrafen.

Die dem BDA aufgetragenen Aufgaben sind also – wenigstens in erster Linie – Verwaltungsaufgaben im Bereich des rechtlichen, nicht des praktischen Schutzes von (besonders bedeutenden) Denkmalen. Was den praktischen Schutz der Denkmale betrifft, kann und muss das BDA eventuell gewisse Vorgaben machen, aber eigentlich ist dieser nicht seine Aufgabe; bzw. bestenfalls nur sehr bedingt, hauptsächlich dann, wenn „Gefahr im Verzug“ und daher unmittelbares oder wenigstens rasches Handeln erforderlich ist.

Die Aufgaben des Bürgers im Bereich des Denkmalschutzes

Für die tatsächliche – d.h. die „praktische“ – Erhaltung der (besonders bedeutenden) Denkmale sind hingegen die Normunterworfenen, also die Bürger selbst, verantwortlich; und unter diesen wiederum insbesondere eine bestimmte Gruppe von Bürgern, nämlich jene, denen ein oder mehrere, ganz bestimmte (besonders bedeutende) Denkmale im eigentumsrechtlichen Sinn gehören. Zwar müssen sich selbstverständlich auch alle anderen Bürger an die Bestimmungen des DMSG halten, aber das DMSG richtet sich insbesondere an „Denkmaleigentümer“.

Dass es die Denkmaleigentümer sind, die die primären „Normadressaten“ des DMSG sind, geht schon in aller wünschenswerten Deutlichkeit aus dem ursprünglichen Langtitel des DMSG hervor, der in der Erstfassung dieses Gesetzes von 1923 lautete: „Bundesgesetz vom 25. September 1923, betreffend Beschränkungen in der Verfügung über Gegenstände von geschichtlicher, künstlerischer oder kultureller Bedeutung (Denkmalschutzgesetz)“ (DMSG 1923). Das DMSG bezweckte also von Beginn an primär die Beschränkung der Verfügungsgewalt über Denkmale; und die rechtliche Verfügungsgewalt kommt streng genommen nur dem rechtmäßigen Eigentümer einer Sache zu.

Aufgrund der verfassungsgesetzlichen Eigentumsgarantie des Art. 5 StGG (und des ebenfalls in Verfassungsrang stehenden Art. 1 1. Zusatzprotokoll EMRK; Berka 1999, 399-416) darf der Staat die Verfügungsgewalt des Eigentümers einer Sache nur dann beschränken, wenn dies aufgrund eines entsprechenden öffentlichen Interesse erforderlich erscheint; und nur auf Basis eines entsprechenden Gesetzes. Dabei ist laut § 354 ABGB das subjektive Eigentum die Befugnis, „mit der Substanz und den Nutzungen einer Sache nach Willkühr zu schalten, und jeden Andern davon auszuschließen“. Daraus erwächst dem vollständigen Eigentümer laut § 362 ABGB das Recht, „in der Regel seine Sache nach Willkühr benützen oder unbenützt lassen; er kann sie vertilgen, ganz oder zum Theile auf Andere übertragen, oder unbedingt sich derselben begeben, das ist, sie verlassen“.

Dieses Recht ist die „Verfügung“ ihres Eigentümers: dieser darf eben mit ihm gehörenden Sachen tun (oder auch lassen), was auch immer ihm gerade gefällt, d.h. sie auch nach seinem freien Belieben verändern oder zerstören und jedenfalls auch jeden Dritten (inklusive den Staat) von jedem Gebrauch dieser Sachen ausschließen; und der Staat darf ihn normalerweise daran auch nicht hindern. Nur wenn ein guter Grund dafür vorliegt – z.B. weil eben ein besonderes Interesse der Allgemeinheit an der Erhaltung einer ganz bestimmten Sache besteht, die einem beliebigen Bürger gehört – darf der Staat doch diese Verfügungsgewalt des Eigentümers auf gesetzlichem Weg beschränken. Das ist der Punkt, an dem das DMSG ansetzt, weshalb eben die primären Normadressaten dieses Gesetzes die Denkmaleigentümer sind: die Personen, denen die rechtliche Verfügungsgewalt bezüglich eines oder mehrerer besonders bedeutender Denkmale zukommt, deren Willkür der Gesetzgeber durch die denkmalrechtlichen Bestimmungen des DMSG beschränkt.

Einfacher gesagt bedeutet das, dass der Staat durch das DMSG das Recht von Personen beschränkt, mit ganz konkreten, in ihrem Eigentum stehenden Sachen, die besonders bedeutende Denkmale sind, willkürlich zu tun (oder zu lassen), was diesen gerade gefällt. Er beschränkt damit ihre Verfügung über diese Denkmale, indem er ihnen mittels des DMSG sagt, welche Verfügungen sie bezüglich in ihrem Eigentum befindlichen Denkmalen unterlassen müssen und welche sie vorzunehmen haben (und natürlich auch, welche sie weiterhin willkürlich vornehmen dürfen).

Damit macht der Bundesgesetzgeber letztendlich die Denkmaleigentümer für die praktische Erhaltung ihrer besonders bedeutenden Denkmale verantwortlich: sie dürfen diese iSd § 1 Abs. 1 DMSG nicht mehr zerstören, verändern oder ins Ausland verbringen (wenigstens nicht ohne eine eigene Genehmigung gem. §§ 5 Abs. 1 bzw. 17 Abs. 1 durch das BDA dafür erteilt bekommen zu haben) und – und das ist wichtig – all dies auch nicht mehr Dritten erlauben. Sie dürfen auch nicht mehr iSd § 4 Abs. 1 Z 2 unbedingt notwendige Instandhaltungsmaßnahmen in der offenbaren Absicht unterlassen, ihr Denkmal zu zerstören und dasselbe auch nicht mehr Dritten erlauben. Ebenso müssen sie sich an diverse weitere Beschränkungen ihrer Verfügungsgewalt halten – so z.B. erforderliche Besichtigungen, Grabungen, etc., durch das BDA gem. § 30 Abs. 1 erlauben – und dürfen auch ihnen gegenüber verantwortlichen Dritten – z.B. Grundpächtern von Bodenflächen, auf denen sich unbewegliche Denkmale befinden – deren Missachtung nicht gestatten.

Die Denkmalerhaltungspflicht trifft in der Praxis also eigentlich überhaupt nur den Denkmaleigentümer: er hat dafür zu sorgen, dass sein Denkmal erhalten bleibt. Zwar ist diese Erhaltungspflicht in Österreich nur eine sogenannte „passive“ (Bazil et al. 2015, 7, 16)[2], d.h. beschränkt sich auf solche Verfügungen, die nicht „über den an sich schon gegebenen Erhaltungsaufwand“ hinausgehen (VwGH 23.5.2015, 2012/09/0108), aber sie trifft dennoch nur den Eigentümer des konkret betroffenen Denkmals, nicht beliebige sonstige Bürger.

Damit bleibt als kurzer Sinn der langen Rede: die praktische Erhaltung der Denkmale ist im österreichischen Denkmalrecht nicht die Aufgabe des Staates, sondern die des jeweils bezüglich des konkreten Denkmals betroffenen Denkmaleigentümers; dem der Staat dabei auch nicht – außer eventuell durch Förderungen iSd § 32 DMSG – besonders zu Hilfe kommt, geschweige denn zu Hilfe kommen muss. Vielmehr mischt sich der Staat nicht weiter als unbedingt notwendig in die Verfügungsgewalt des Denkmaleigentümers bezüglich seines Denkmals ein, weder im Negativen noch im Positiven; und darf das auch gar nicht.

Die denkmalschützerische Aufgabenteilung in Österreich

Wir fassen im österreichischen Denkmalrecht also eine ganz klare und eindeutige Aufgabenteilung zwischen Staat und Bürgern im Bereich des Denkmalschutzes: Aufgabe des Staates ist es, die Gesetzgebung und rechtliche Verwaltung der Denkmale zu besorgen; Aufgabe der Denkmaleigentümer seienden Bürger ist es hingegen, die Denkmale, die der Staat als erhaltenswert ausgewiesen hat, in der Praxis tatsächlich zu erhalten.

Dass diese Aufgabenteilung in der Praxis manchmal weniger eindeutig wirkt, als sie es aus rechtlicher Sicht ist, tut dabei nichts zur Sache. Zwar mischt sich der Staat bis zu einem gewissen Grad – insbesondere durch Gewährung von Förderungen zur Denkmalerhaltung und auch durch die selbstständige Durchführung von unerwartet erforderlich werdenden, dringenden Maßnahmen zur Rettung akut gefährdeter Denkmale – auch in die praktische Denkmalpflege ein. Aber das tut er in erster Linie, weil er sich selbst als Hüter des Allgemeinwohls nicht völlig von der Aufgabe der „Denkmalrettung“ freistellen kann und daher – wenn der einzelne Denkmaleigentümer selbst nicht rasch genug reagieren kann (oder will) oder nicht über die notwendigen Mittel verfügt, um sein akut gefährdetes Denkmal selbst „retten“ zu können – im Notfall auch selbst entgegen der normalen Aufgabenteilung eingreifen muss.

Aber ein solches, staatliches Eingreifen in die praktische Denkmalpflege ist eben nur für den Ausnahmefall vorgesehen, nicht als Regel. Das schlägt sich daher auch in der personellen und ressourcenmäßigen Aufstellung der von ihm geschaffenen Denkmalverwaltungsbehörde BDA nieder: das BDA beschäftigt derzeit gerade einmal 14 archäologische Fachkräfte – und diese nicht alle in Vollzeit – für die archäologische Denkmalpflege. Dass diese nicht neben ihren zahlreichen Verwaltungsaufgaben auch noch die gesamte „praktische Denkmalpflege“ an Ort und Stelle im Feld erledigen können, versteht sich in Anbetracht dieser Anzahl von selbst.

Die Folgen dieser Aufgabenverteilung

Dadurch, dass er diese Aufgabenverteilung im Bereich des Denkmalschutzes vorgesehen hat, bürdet der Staat nun manchen seiner Bürger – eben denen, die Eigentümer eines (besonders bedeutenden) Denkmals sind – Beschwerungen auf, die – obgleich nur „passive“ Pflichten – eine bedeutende Last für diese darstellen können. Denn es handelt sich bei Denkmalen schließlich in der Regel (auch wenn es Ausnahmen davon gibt) um eher ältere Gegenstände, deren Erhaltung im Vergleich mit ihren moderneren Gegenstücken oft einen vergleichsweise erhöhten Aufwand verursacht; und die auch oft – aus verschiedensten Gründen – nicht mehr uneingeschränkt zum modernen Gebrauch geeignet sind.

Gerade bei vergleichsweise wirtschaftlich wertvollen Denkmalen – wie z.B. einem sehr alten Haus – kann eine Verpflichtung des Eigentümers zu seiner – auch nur „passiven“ – in Erscheinung und Substanz „unveränderten“ Erhaltung mit bedeutenden Kosten verbunden sein. Selbst wenn der Eigentümer nur fehlende Dachziegel oder beschädigte Fenster ersetzen muss (Bazil et al. 2015, 43): werden die Dachziegel, mit denen das Haus gedeckt, und die Fenster, die in es eingebaut sind, heute nicht mehr erzeugt, bedarf der Eigentümer des Hauses ihrer Sonderanfertigung, die oft weitaus teurer ist als die allgemein erhältlichen modernen Dachziegel oder Fenster. Auch mag die Raumaufteilung in einem alten Haus für den modernen Gebrauch überhaupt nicht mehr geeignet sein; und somit seine in Erscheinung und Substanz unveränderte Erhaltung jedwede für seinen Eigentümer auch (wirtschaftlich oder sonstwie) vorteilhafte Nutzung dieses Gebäudes unmöglich machen. Die Gründe, die dazu führen können, sind mannigfaltig; gleichen sich aber alle darin, dass sie – selbst bei bloß „passiver“ Erhaltung des Denkmals – in der Regel zu Mehrkosten für dessen Eigentümer führen.

Gleichzeitig kann der Staat auch nicht seinen Bürgern einfach per Gesetz auftragen, dass sie alle Denkmale – iSd § 1 Abs. 1 DMSG alle „von Menschen geschaffene[n] unbewegliche[n] und bewegliche[n] Gegenstände (einschließlich Überresten und Spuren gestaltender menschlicher Bearbeitung sowie künstlich errichteter oder gestalteter Bodenformationen) von geschichtlicher, künstlerischer oder sonstiger kultureller Bedeutung“ – dauerhaft in Erscheinung und Substanz unverändert erhalten müssen. Denn das würde nicht nur den Kern des Eigentumsrechts – mit seinem Eigentum in der Regel willkürlich verfahren zu dürfen – weitgehend aushöhlen, sondern wäre auch praktisch vollkommen undurchführbar: schließlich kommt jeder von Menschen geschaffenen Sache irgendeine geschichtliche, künstlerische oder sonstige kulturelle Bedeutung zu. Es dürfte also nichts mehr, was von Menschen geschaffen wurde, zerstört, verändert oder ins Ausland verbracht werden, was das moderne Leben gänzlich zum Erliegen bringen würde; und das kann der Gesetzgeber gar nicht wollen.

Eine der „schwierigsten Aufgaben“ des BDA

Eine der schwierigsten Aufgaben, die das BDA als staatliche Denkmalbehörde zu erfüllen hat, ist daher die, die sowohl rechtlich als auch praktisch notwendige Auswahl zu treffen. Dass dem so ist, hat sogar der österreichische Gesetzgeber ganz explizit in der Regierungsvorlage zur Novelle des DMSG aus dem Jahr 1999 zum Ausdruck gebracht:

„Das Denkmalschutzgesetz ging von vornherein von einer klaren Beschränkung durch wissenschaftlich überlegte Auswahl aus. Nur in dieser Beschränkung kann der Denkmalschutz auch jene Effizienz entfalten, deren er bei einer zu großen Anzahl von Unterschutzstellungen verlustig gehen würde. Aus diesem Grund ist es einer der schwierigsten Aufgaben des Bundesdenkmalamtes, jene Auswahl in jenem Umfang für die Unterschutzstellungen zu treffen, die vom Fachlichen her erforderlich ist und vom Administrativen her bewältigt werden kann.“ (RV 1999, 39; Hervorhebung: RK).

Eine der zentralsten und wichtigsten Verwaltungsaufgaben, die das BDA also vom Gesetzgeber aufgetragen bekommen hat – meiner Meinung nach ist es sogar die allerwichtigste und gleichzeitig auch die allerschwierigste –, ist es daher, diese Unterscheidung zwischen derart besonders bedeutenden Denkmalen und bloßen gewöhnlichen Denkmalen vorzunehmen, die für ein effektives Funktionieren des Denkmalschutzes unabdingbar erforderlich ist. Anhand welcher Kriterien es diese Auswahl zu treffen hat, hat der Gesetzgeber ebenfalls festgelegt, und zwar in § 1 Abs. 2 DMSG. Dieser lautet:

„Die Erhaltung liegt dann im öffentlichen Interesse, wenn es sich bei dem Denkmal aus überregionaler oder vorerst auch nur regionaler (lokaler) Sicht um Kulturgut handelt, dessen Verlust eine Beeinträchtigung des österreichischen Kulturgutbestandes in seiner Gesamtsicht hinsichtlich Qualität sowie ausreichender Vielzahl, Vielfalt und Verteilung bedeuten würde. Wesentlich ist auch, ob und in welchem Umfang durch die Erhaltung des Denkmals eine geschichtliche Dokumentation erreicht werden kann.“ (§ 1 Abs. 2 DMSG; Hervorhebung: RK).

Das BDA hat also bei der Unterschutzstellung von Denkmalen die im Zitat hervorgehobenen Kriterien zu betrachten. Daraus folgt aber z.B. zwingend, dass es, wenn es in einer bestimmten Region mehrere oder sogar viele grundsätzlich gleichartige Denkmale einer bestimmten Art gibt – wie z.B. mittelalterliche Burgställe (wie in einem der Fälle, die diesen Beitrag ausgelöst haben) – nicht alle diese gleichartigen Denkmale unter Denkmalschutz stellen kann. Vielmehr kann es nur jene davon unter Denkmalschutz stellen, die wenigstens in einem, noch besser aber in mehreren der genannten Kriterien über alle anderen gleichartigen Denkmale hinausragen. Nur wenn ein Denkmal z.B. eine besondere Eigenschaft (Qualität) hat, eines der wenigen oder gar das Letzte seiner Art ist (Vielzahl), eine besondere, seltene Unterart einer (ansonsten) häufigen Art von Denkmal ist (Vielfalt), und sei es auch nur in der betreffenden Region, in der es sich befindet (Verbreitung) oder mit ihm etwas anderes über die Vergangenheit erfahrbar wird als durch alle anderen gleichartigen Denkmale (geschichtliche Dokumentation) kann es auch als Denkmal unter Schutz gestellt werden.

Die Folgen der Erfüllung dieser Aufgabe durch das BDA

Erfüllt das BDA also die ihm vom Gesetzgeber aufgetragene Aufgabe, jene Denkmale aus der Menge aller gleichartigen Denkmale auszuwählen, deren Bedeutung derart besonders ist, dass ihre Erhaltung deswegen im öffentlichen Interesse gelegen ist, folgt daraus in der Regel – insbesondere bei Denkmalen einer Art, die in einer bestimmten Region noch vergleichsweise häufig vorkommt, wie z.B. mittelalterliche Burgställe – dass es die überwiegende Mehrheit dieser Denkmale nicht unter Denkmalschutz stellen kann, darf oder auch nur soll.

Es sind dann aber natürlich Denkmale, deren Bedeutung nicht derart beschaffen ist, dass ihre Erhaltung deswegen im öffentlichen Interesse gelegen ist und die das BDA daher auch nicht unter Denkmalschutz gestellt hat (oder auch nur stellen hätte können, wenn es das gewollt hätte), genau das: nicht geschützt. Damit kann ihr Eigentümer dann selbstverständlich auch im Rahmen seines Eigentumsrechts iSd §§ 354 und 362 ABGB mit ihnen machen, was auch immer ihm gefällt, d.h. sie auch nach Belieben zerstören, verändern oder auch (wenn sie beweglich sind) ins Ausland verbringen. Sie sind zwar Denkmale, aber die Verfügung ihres Eigentümers über sie wird durch die Bestimmungen des DMSG nicht beschränkt; und das BDA kann, ja darf sogar, daher auch nicht das mindeste tun, wenn dieser Eigentümer seine Willkür derart nutzt, dass er das betreffende Denkmal zerstört oder wenigstens stark verändert. Was eventuell z.B. bedeutet: der mittelalterliche Burgstall, der das betroffene Denkmal ist, wird weggebaggert oder mit schwerem Gerät einplaniert.

Die Folge davon, dass das BDA seiner wichtigsten und schwierigsten Aufgabe vollkommen korrekt nachkommt, ist also – so widersinnig das bei oberflächlicher Betrachtung der Sach- und Rechtslage auch erscheinen mag – dass die meisten Sachen, die Denkmale iSd § 1 Abs. 1 DMSG sind, nicht geschützt werden, jedenfalls nicht durch das BDA selbst. Vielmehr ist die zwingende Folge der korrekten Anwendungspraxis der Bestimmungen des DMSG durch das BDA, dass in der überwältigenden Mehrheit aller Fälle Denkmaleigentümer mit ihren Denkmalen tun und lassen dürfen, was auch immer sie wollen und daher auch, wenn sie das tun, gelegentlich das eine oder andere Bodendenkmal, das ihr oder eines ihrer Denkmale ist, dann auch tatsächlich willkürlich kaputt machen. Erledigt das BDA seine wichtigste und schwierigste Aufgabe korrekt, dann führt das also dazu, dass die meisten Denkmale von ihren Eigentümern oder von diesen dazu ermächtigten Dritten kaputt gemacht werden dürfen.

Das Missverständnis der Bürger

Für Bürger, insbesondere für solche, die sich für die Erhaltung und Pflege von Denkmalen bzw. Bodendenkmalen aktiv interessieren – ob nun generell für die aller oder auch nur eines oder mehrerer ganz bestimmter – ist das selbstverständlich nicht erfreulich und in der überwältigenden Mehrheit aller Fälle auch gänzlich unverständlich.

Denn zum einen unterscheiden die Bürger – nicht einmal die interessierten, selbst wenn sie von der denkmalrechtlich maßgeblichen Unterscheidung zwischen Denkmalen und Denkmalen wissen (was die meisten überhaupt nicht tun, weil sie bisher praktisch überhaupt nicht kommuniziert wurde) – nicht aufgrund einer sachverständigen, den nationalen Gesamtkulturgüterbestand mitberücksichtigenden, Beurteilung ihrer Bedeutung zwischen Denkmalen und Denkmalen. Vielmehr weisen sie regelhaft subjektiv und mehr oder minder willkürlich auf Basis ihrer persönlichen Vorlieben manchen Denkmalen eine besondere Bedeutung zu, anderen hingegen nicht; völlig unbeachtlich der im Gesetz genannten Kriterien für eine Unterschutzstellung von Denkmalen.

Auch sehen Bürger – vor allem an der Erhaltung eines oder mehrerer bestimmter Denkmale interessierte – das BDA als ihren natürlichen Verbündeten, wenigstens anfänglich. Denn sie glauben – weil das auch von und über Denkmalämter regelhaft seit es sie gibt öffentlich stets hauptsächlich so kommuniziert wird – dass das BDA eben genau jene Behörde ist, die der Staat genau und ausschließlich dafür geschaffen und damit beauftragt hat, die Denkmale zu schützen und zu erhalten. Sie gehen also davon aus, dass das BDA sie in ihrem Anliegen, ein bestimmtes oder auch mehrere bestimmte Denkmale zu schützen und zu erhalten, auch mit all seinen staatlichen Machtbefugnissen unterstützen und ihnen zur Seite stehen wird, denn das sehen sie als die Aufgabe des BDA an.

Selbst wenn sie wissen, dass die eigentliche Aufgabe des BDA ist, jene Denkmale, deren Erhaltung aufgrund ihrer besonderen Bedeutung im öffentlichen Interesse gelegen ist, von allen anderen Denkmalen, bei denen das nicht der Fall ist zu scheiden – und nur die wenigstens wissen das – glauben sie, dass das BDA ihr Anliegen auch tatsächlich unterstützen wird und sogar unterstützen muss. Denn sie glauben schließlich normalerweise, dass die Denkmale, für die sie sich selbst besonders interessieren, auch tatsächlich von derart besonderer Bedeutung sind, dass ihre Erhaltung deswegen im öffentlichen Interesse gelegen sein muss.

Sie selbst finden schließlich in der Regel irgendetwas an diesen Denkmalen besonders interessant; und sei es nur, dass sie diese für die Geschichte ihres eigenen Heimatortes als bedeutend betrachten und sich daher ihrer Erforschung widmen (wollen). Daher kommen sie normalerweise auch gar nicht auf die Idee, dass das BDA das anders sehen könnte als sie; ja eventuell sogar – wenn es seine ihm gesetzlich aufgetragenen Aufgaben korrekt erfüllen will – eventuell anders sehen muss, weil das konkrete betroffene Denkmal eben in Hinblick auf die vom Gesetzgeber in § 1 Abs. 2 DMSG genannten Kriterien bei objektiver Betrachtung keineswegs besonders bedeutend ist.

Sie sind daher dann auch besonders enttäuscht, wenn sich das BDA um „ihr“ Denkmal und dessen Schutz vor Zerstörung oder Veränderung durch dessen rechtmäßigen Eigentümer überhaupt nicht kümmert; und sogar immer barscher auf ihr zunehmendes Drängen reagiert, dass es doch endlich etwas zum Schutz des betroffenen Denkmals tun müsse. Diese Enttäuschung schlägt dann oft auch zunehmend in Zorn auf das BDA um, das aus Sicht dieser Bürger eben seine ihm gesetzlich aufgetragene Aufgabe „für den Schutz der Denkmale zu sorgen“ nicht zu erfüllen, sondern stattdessen unverständigen Denkmaleigentümern die Zerstörung der Denkmale nicht nur zu erlauben, sondern diese sogar noch durch „Untätigkeit“ dabei zu fördern scheint.

Woher kommt dieses Missverständnis?

Dass dieses Missverständnis weit verbreitet ist, ist allerdings keineswegs die alleinige Schuld der Bürger, die sich nur nicht ausreichende Kenntnis über die Aufgaben des BDA verschafft haben; sondern – und hiermit komme ich zur anfänglich angekündigten Kritik an BDA (und an der archäologischen Fachwelt) – hauptsächlich unsere Schuld.

Denn gerade im Bereich der archäologischen Denkmalpflege kennzeichnet sich sowohl die behördliche als auch die fachlich-archäologische Außenkommunikation in Wort und Tat durch eine fundamentale Inkongruenz: obwohl der Gesetzgeber dem BDA sowohl eindeutig als auch explizit als seine hauptsächliche Aufgabe die „Beschränkung [der geschützten Denkmale] durch wissenschaftlich überlegte Auswahl“ (RV 1999, 39) aufgetragen hat, behaupten wir regelmäßig, dass die archäologischen Schutzbestimmungen des DMSG dem Schutz aller Bodendenkmale dienen. Das liegt nicht zuletzt daran, dass die archäologische Denkmalpflege, wie ich bereits in „Ein hinreichend bestimmter unbestimmter Rechtsbegriff?“ erläutert habe, aus letztendlich (übrigens erkenntnislogisch unhaltbaren) erkenntnistheoretischen Gründen den Denkmalwert von Bodendenkmalen stets nur retrospektiv zu bestimmen können glaubt und daher einen totalen archäologischen Denkmalschutz zu erreichen versucht. Daher behauptet die staatliche archäologische Denkmalpflege nunmehr seit wenigstens vielen Jahrzehnten, dass ihre Aufgabe der Schutz aller (archäologischen bzw. Boden-) Denkmale sei und sagt nie, dass ihre Aufgabe tatsächlich nur die Auswahl der schützenswerten archäologischen Denkmale ist.

Dabei stützt sie sich einerseits auf die Judikatur der Gerichte und die juristische Fachliteratur, insbesondere die vom Amtsjuristen verfasste Kommentarliteratur, und deren in juristischer Fachsprache gehaltene und daher nicht allgemeinverständliche Diktion. Diese erweckt z.B. missverständlich den Eindruck, dass „[d]ie Zielsetzung des Denkmalschutzes […] weit über das landläufige Verständnis hinaus[gehe] und […] die Erhaltung des überkommenen Kulturgutes schlechthin zum Inhalt“ habe (Bazil et al. 2015, 16). Dass damit aufgrund der in § 1 Abs. 11 DMSG bestimmten sprachlichen Gleichbedeutung der Begriffe „Denkmal“ und „Kulturgut“ im österreichischen Recht selbstverständlich iSd § 1 Abs. 1 nichts anderes gemeint ist und sein kann, als dass die Erhaltung aller Denkmale das Ziel des Denkmalschutzes ist – nicht die Erhaltung aller Denkmale – fällt dabei günstigerweise unter die Wahrnehmungsschwelle des Durchschnittsbürgers (und eventuell auch vieler ArchäologInnen und sogar staatlicher DenkmalpflegerInnen).

Andererseits stützt sie sich auf das (schon von Hoernes 1892, 26-43 vorgegebene) fachliche archäologische Paradigma, das jeder – jeweils für sich betrachtet nur unscheinbaren und wenig bedeutenden – archäologischen Beobachtung (z.B. an einem Fundgegenstand oder Befund) eine unbestimmbar große Bedeutung im (angeblich) rein induktiven archäologischen Erkenntnisprozesses zuweist. Dadurch wird aus fachlicher Sicht jedes „Bodendenkmal“, eine „unersetzliche Quelle[…] (Kriesch et al. 1997, 24) der archäologischen Forschung, deren Erhaltung iSd § 1 Abs. 1 DMSG daher im fachlichen Interesse gelegen ist, das die archäologische Fachwelt wiederum traditionellerweise mit dem öffentlichen Interesse an seiner Erhaltung gleichsetzt. Die Fachwelt postuliert daher regelmäßig eine unbedingte Erhaltungsnotwendigkeit aller Bodendenkmale und vertritt dieses Postulat auch in der fachlichen Außenkommunikation (und oft sogar in der Innenkommunikation) weitgehend kompromisslos.

Die fehlende Nachvollziehbarkeit der denkmalbehördlichen Praxis

Noch zusätzlich verschärft wird diese schon für sich missverständliche Außenkommunikation von BDA und archäologischer Fachwelt dadurch, dass auch die Anwendungspraxis der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen durch das BDA offensichtlich mit seiner Unterschutzstellungspraxis inkongruent und daher für den Bürger nicht nachvollziehbar ist. Das zeigt sich ganz besonders am – vor allem für an der Erhaltung und Erforschung von Denkmalen interessierte Bürger – ganz unmittelbar offensichtlichen Selbstwiderspruch zwischen der (bzw. den Folgen der) Unterschutzstellungspraxis des BDA und seiner Anwendungspraxis gesetzlicher NFG-Pflichten wie der des § 11 Abs. 1 DMSG.

Denn die rechtlich korrekte Anwendung der Unterschutzstellungsbestimmungen des DMSG durch das BDA führt ja, wie oben bereits ausgeführt, notwendigerweise dazu, dass die (überwältigende) Mehrheit aller (Boden-) Denkmale nicht unter Denkmalschutz gestellt werden kann. Das führt nun aber unweigerlich dazu, dass wenigstens manche (Boden-) Denkmale der unbeschränkten Eigentümerwillkür überlassen bleiben und daher tatsächlich der willkürlichen Zerstörung anheimfallen, ohne dass das BDA irgendetwas dagegen tut oder auch nur dagegen tun kann. Der Bürger, insbesondere der an der Erhaltung und Erforschung von Denkmalen besonders interessierte, sieht das natürlich.

Gleichzeitig wird aber dem Bürger vom BDA kommuniziert, dass er, wenn er ein (Boden-) Denkmal an Ort und Stelle so wie es ihm selbst richtig erscheint (mit Einverständnis durch dessen Eigentümer) untersuchen möchte, einer NFG gem. § 11 Abs. 1 DMSG bedarf (BDA 2018, 10-20). Denkmalforschungsinteressierte Bürger werden sogar nicht selten vom BDA mit Strafanzeigen bedroht, wenn sie „Nachforschungen an Ort und Stelle zum Zwecke der Entdeckung und Untersuchung beweglicher und unbeweglicher Denkmale unter der Erd- bzw. Wasseroberfläche“ (§ 11 Abs. 1 DMSG) ohne die dafür laut BDA stets erforderliche Genehmigung durchführen oder auch nur durchzuführen beabsichtigen. Mehr noch, das BDA behauptet sogar, sich auf den Gesetzeswortlaut berufend, dass eine solche NFG dem Durchschnittsbürger gar nicht erteilt werden darf, weil diesem (angeblich) die zum Schutz der Denkmale erforderliche Kompetenz zu ihrer sachgerechten Behandlung fehlt.

Das ist nun aber – und zwar nicht nur für den Durchschnittsbürger, sondern auch für Fachleute wie mich – ein unauflösbarer Selbstwiderspruch. Es kann schließlich der Denkmalschutzgesetzgeber nicht gewollt haben, dass zwar der Eigentümer sein Denkmal (samt aller seiner noch im Verborgenen gelegenen Bestandteile) willkürlich zerstören darf, aber weder dieser Eigentümer noch der Durchschnittsbürger (oder auch ich) es zu untersuchen (oder seine Bestandteile zu entdecken) versuchen darf. Denn das verstößt nicht nur offensichtlich gegen den vom Gesetzgeber mit dem DMSG verfolgten, von ihm auch explizit genannten Zweck, Denkmale als Quellen der archäologischen Forschung zu erhalten; sondern es kann auch rechtlich nicht der Fall sein: entweder das Denkmal ist nicht denkmalgeschützt, in welchem Fall sein Eigentümer (und auch jeder Dritte mit dessen Zustimmung) mit ihm tun darf, was er will; oder es ist denkmalgeschützt, in welchem Fall niemand – auch nicht sein Eigentümer – das Denkmal aus egal welchen Gründen zerstören, verändern oder ins Ausland verbringen darf. Beides gleichzeitig kann nicht der Fall sein.

Darüber hinaus wäre das auch aus denkmalpflegerischer Sicht völlig widersinnig. Schließlich ist es das deklarierte Ziel der archäologischen Denkmalpflege, die (archäologischen) Denkmale möglichst als Quellen der wissenschaftlichen Forschung zu erhalten. Es kann also gar nicht sein, dass aus Sicht des BDA Denkmale vor der Erforschung – und sei es nur der durch ihren Eigentümer oder einen beliebigen Dritten – geschützt werden müssen, aber nicht davor, wissenschaftlich unerforscht durch ihren Eigentümer vernichtet zu werden. Schließlich würde das BDA damit genau das Gegenteil dessen erreichen, was es behauptet, dass es erreichen will, und was es zu erreichen hat.

Das unvermeidliche Missverständnis des Bürgers über die Aufgabe des BDA

Aus dem, was es behauptet, und noch mehr aus der Anwendungspraxis des BDA muss der Bürger daher zwingend die Schlussfolgerung ziehen, dass die dem BDA vom Gesetzgeber aufgetragene Aufgabe die ist, alle (Boden-) Denkmale zu erhalten und zu schützen, nicht nur die rechtliche Verfügungsgewalt von Eigentümern besonders bedeutender Denkmale über diese kleine Minderheit aller Denkmale zu beschränken.

Denn nicht nur ist es das, was es nach außen hin in aller Regel kommuniziert, es ist auch das, was zwingend aus seiner Auslegung des § 11 Abs. 1 DMSG folgt. Schließlich ist das BDA als Bundesbehörde zur Manuduktion verpflichtet und muss in deren Rahmen Bürger richtig über die Gesetzeslage beraten. Die Auslegung des § 11 Abs. 1 durch das BDA kann aber ausschließlich nur dann richtig sein, wenn es tatsächlich die ihm gesetzlich aufgetragene Aufgabe ist, alle (Boden-) Denkmale (wenigstens rechtlich) zu schützen; und gleichzeitig die ausschließliche Aufgabe der staatlichen Denkmalpflege und der professionellen Archäologie ist, diese Denkmale in der Praxis (nötigenfalls durch ihre sachgerechte Ausgrabung) zu erhalten. Denn nur, wenn man diese Aufgabenteilung im Bereich der archäologischen Denkmalpflege voraussetzt, kann der Gesetzgeber vorgesehen haben, dass das BDA Nachforschungen zum Zwecke der Entdeckung und Untersuchung von (Boden-) Denkmalen auch dann einer Genehmigungspflicht unterwirft, wenn an ihrer Erhaltung gar kein öffentliches Interesse besteht.

Nachdem der Bürger aber nun weder annehmen kann, dass das BDA selbst nicht weiß, welche Aufgabe ihm der Gesetzgeber eigentlich aufgetragen hat, noch, dass das BDA ihn im Rahmen der Wahrnehmung seiner behördlichen Manuduktionspflicht über seine Rechte und Pflichten vorsätzlich belügt – weil beides darf das BDA nicht – muss er davon ausgehen, dass das auch tatsächlich die Aufgabe des BDA und die denkmalpflegerische Aufgabenverteilung ist. Damit kommt er aber unweigerlich und unvermeidlich bei dem Missverständnis an, das schon oben erläutert wurde: dass das BDA, wenn es ein bereits bekanntes, aber nicht denkmalgeschütztes, Denkmal nicht schützt, seine ihm vom Gesetzgeber aufgetragenen Aufgaben nicht ordentlich erledigt, weil es auch dieses Denkmal schützen müsste, aber das nicht tut.

Schlussfolgerungen und Empfehlungen

Aus dem bisher Gesagten folgt, dass das BDA zwar rechtlich korrekt seine ihm gesetzlich aufgetragenen Aufgaben erfüllt, wenn es Denkmale, an deren Erhaltung kein öffentliches Interesse besteht, nicht vor der Zerstörung, Veränderung oder Verbringung ins Ausland durch ihren Eigentümer (oder von diesem dazu ermächtigte Dritte) bewahrt; sondern sie der unbeschränkten Eigentümerwillkür überlässt.

Der Bürger wird aber durch die Inkongruenz zwischen der Tatsache, dass das BDA nicht schutzwürdige Denkmale nicht schützen darf, und der missverständlichen Außenkommunikation und (und in der Sache auch falschen) Auslegung der NFG-Pflicht des § 11 Abs. 1 DMSG durch das BDA zwingend in ein grundsätzliches Missverständnis über die Aufgaben des BDA und die denkmalpflegerische Aufgabenverteilung zwischen Staat und Denkmaleigentümern geführt. Der Bürger muss nämlich aufgrund dieser Inkongruenz davon ausgehen, dass dem BDA (gemeinsam mit der archäologischen Fachwelt) tatsächlich vom Gesetzgeber die Aufgabe erteilt wurde, alle (Boden-) Denkmale sowohl rechtlich als auch praktisch zu schützen, während ihn selbst und auch Denkmaleigentümer nur eine Verpflichtung zur Unterlassung der Zerstörung (etc.) von Denkmalen trifft. Die Denkmalpflege wäre somit ausschließlich eine Aufgabe des Staates (und der archäologischen Fachwelt, soweit diese im Auftrag des Staates tätig wird).

Der Bürger – insbesondere der am Denkmalschutz interessierte – missversteht somit unweigerlich die rechtlich korrekte Untätigkeit des BDA in Fällen, in denen es gerade aufgrund seines gesetzlichen Auftrags untätig bleiben muss, als Versagen der Denkmalbehörde in der Erfüllung ihrer (gar nicht bestehenden) Aufgaben. Die Folge davon ist, dass er enttäuscht ist, wenn ihn das BDA nicht in seinen Denkmalschutzanliegen unterstützt; und sogar zornig auf es wird, wenn es sich – nach dem x-ten Versuch es doch zu irgendeiner Tätigkeit zu bewegen – dem ihm nunmehr „lästig“ werdenden Bürger gegenüber abweisend verhält und er sich daher sogar aktiv durch es behindert fühlt.

Für das gesellschaftliche Verständnis der staatlichen archäologischen Denkmalpflege – und mittelbar dadurch auch für die Anliegen der archäologischen Fachwelt – und ihrer Aufgaben und Entscheidungen, ist dieses unweigerliche Missverständnis devastierend. Denn gerade dann, wenn das BDA seinem gesetzlichen Denkmalschutzauftrag korrekt nachkommt, indem es Denkmale von Denkmalen scheidet und letztere dann der unbeschränkten Eigentümerwillkür überlässt, zerstört es seine Reputation an der Basis, deren Unterstützung es in der Gesellschaft tatsächlich braucht.

Es ist daher dringend notwendig, dass archäologische Denkmalpflege und die Fachwelt endlich damit beginnen, ihre eigentliche Aufgabe öffentlich adäquat zu kommunizieren. Diese Aufgabe ist es nämlich keineswegs, alle archäologischen Denkmale um jeden Preis zu schützen und zu erhalten und jeden anderen – vor allem an Denkmalen interessierte Bürger – aus dem Bereich der praktischen archäologischen Denkmalpflege möglichst vollständig auszuschließen. Vielmehr ist es unsere Aufgabe, aufgrund unseres besonderen Sachverstandes zwischen jenen archäologischen Denkmalen, deren Bedeutung derart besonders ist, dass bei objektivierter Betrachtung ihre Erhaltung im öffentlichen und ihre Erforschung wenigstens im wissenschaftlichen Interesse gelegen ist, und jenen Denkmalen zu unterscheiden, bei denen das nicht der Fall ist und die daher der Willkür der an ihnen Interessierten überlassen werden können und auch müssen.

Gleichzeitig ist es auch erforderlich, unser denkmalpflegerisches und fachliches Handeln mit unseren öffentlich kommunizierten Aufgabenbeschreibungen in Übereinstimmung zu bringen. Denn solange wir in unseren öffentlichen Äußerungen alle Verantwortung für die Erhaltung aller archäologischen Denkmale an uns zu reißen versuchen, dieser Verantwortung aber dann in unserer Handlungspraxis zumeist nicht nachkommen (können, weil wir gar nicht die dafür notwendigen Ressourcen haben), wird es immer so wirken, als ob wir bei der Erfüllung unseres gesellschaftlichen und rechtlichen Auftrags versagen würden; selbst, wenn wir ihn tatsächlich vollständig erfüllen.

Denn es ist für den nicht sachverständigen Außenstehenden – welcher der Bürger stets bleiben wird – völlig unverständlich, wenn das BDA stets behauptet, für den Schutz aller archäologischen Denkmale verantwortlich zu sein, aber dann nur die geringe Teilmenge davon, die Denkmale sind, und diese auch nur rechtlich durch Beschränkung der Eigentümerwillkür, schützt. Ebenso unverständlich ist es, wenn die archäologische Fachwelt stets behauptet, dass jeder archäologische Fund wissenschaftlich unendlich wertvoll ist, nur um dann bei professionellen Grabungen zahllose davon mit dem Bagger wegschieben zu lassen. Noch viel unverständlicher wird es schließlich für den Bürger, wenn wir ihm strengstens verbieten, auch nur mit jenen Denkmalen, die wir selbst, für ihn offensichtlich, – und aus unserer Sicht auch aus guten Gründen – gar nicht erhalten wollen, irgendetwas selbstständig und selbstverantwortlich anzufangen.

Nur, wenn man dem Bürger auch nachvollziehbar erklärt, dass unsere Aufgabe die Unterscheidung zwischen dem wirklich und dem nicht so besonders Wichtigen ist; und ihm dann auch das nicht Wichtige zu seiner eigenen Verfügung überlässt – wie es die Unterschutzstellungsbestimmungen des österreichischen DMSG auch gesetzlich vorsehen –; hat man eine Chance, die notwendige gesellschaftliche Akzeptanz der und Unterstützung für die denkmalpflegerischen Aufgaben zu erzeugen, die wir erfüllen wollen und sollen.

Literaturverweise


Bazil, C., Binder-Krieglstein, R., Kraft, N. 2015. Das österreichische Denkmalschutzrecht. Denkmalschutzgesetz & Kulturgüterschutzrecht, Durchführungsvorschriften, Unionsrecht. 2. Aufl., Wien: Manz.


Berka, W. 1999. Die Grundrechte: Grundfreiheiten und Menschenrechte in Österreich. Wien – New York: Springer.

B-VG. Bundes-Verfassungsgesetz. [26.2.2018].





Hoernes, M. 1892. Die Urgeschichte des Menschen nach dem heutigen Stande der Wissenschaft. Wien: Hartleben [24.2.2018].


Kriesch, E.G., Eberl, W., Bielfeldt, D., Wegener, H.-H. 1997. Gegen die Raubgräber. 2. Aufl., Bonn: Deutsches Nationalkomitee für Denkmalschutz.
StGB. Strafgesetzbuch. [26.2.2018].






[1] Für die Bedeutung der farblichen Unterscheidung der Begriffe Bodendenkmal (für Gegenstände, die nur so genannt werden) und Bodendenkmal (für Gegenstände, die den archäologischen Schutzbestimmungen des DMSG unterliegen) sowie Denkmal (für Gegenstände, die nur so genannt werden) und Denkmal (für Gegenstände, die unter Denkmalschutz stehen) siehe bereits genauer den Beitrag „Behördliche Leseverständnisprobleme“. Die Begriffe Denkmal und Kulturgut sind gem. § 1 Abs. 11 DMSG jeweils (in beiden genannten möglichen Bedeutungen) gleichbedeutend.

[2] Das ist einer der wenigen bedeutenderen Unterschiede zur Rechtslage in Deutschland, wo aufgrund der verfassungsrechtlichen Allgemeinwohlbindung des Eigentumsrechts des Art. 14 Abs. 2 GG auch eine aktive Erhaltungspflicht des Denkmaleigentümers besteht.

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