Sonntag, 11. März 2018

Schärfere Gesetze für die Denkmalpflege?

Die archäologische Denkmalpflege und die archäologische Fachwelt rufen gerne im Kontext der archäologisch-denkmalpflegerischen Probleme mit der „Schatzsuche“ durch Laien nach schärferen Gesetzen. Zuletzt konnte man z.B. wieder im ORF Vorarlberg (2018) eine entsprechende Forderung des dortigen Landesarchäologen im Rahmen der Ankündigung einer Podiumsdiskussion zum Thema lesen. „Ohne schärfere gesetzliche Bestimmungen wird das Problem Raubgräberei laut Experten immer größer“, wir eindringlich gewarnt und darauf hingewiesen, dass „In Liechtenstein und der Schweiz […] rigoros gegen Sondengeher vorgegangen“ werde. „In Österreich und Bayern gibt es gesetzlich wenig Handhabe gegen Raubgräberei“, fasst der ORF Vorarlberg das Expertenwissen zum Thema zusammen.

Diese Expertenmeinung scheint mir doch einigermaßen verwunderlich, denn soweit ich das erkennen kann, gibt es in Österreich und Bayern durchaus gesetzliche Bestimmungen, die diese Materie regeln und die „Raubgrabungen“ auch tatsächlich mit – durchaus empfindlichen – Strafen bedrohen. Noch verwunderlicher scheint mir aber die Hoffnung darauf, dass wir durch (noch) schärfere Gesetze endlich den von vielen ArchäologInnen erwünschten Erfolg erzielen werden, die „Raubgrabungen“ effektiv verhindern zu können. Warum mich das verwundert, werde ich in diesem Beitrag zu erklären versuchen.


Die Rechtslage in Liechtenstein, Bayern und Österreich

Von den vier im zitierten Beitrag genannten Ländern werde ich hier nur auf die drei in der Überschrift genannten Länder etwas genauer eingehen, weil in der Schweiz die Denkmalpflege in erster Linie eine Aufgabe der Kantone ist, was sie für eine kurze Besprechung wie die hier geplante ungeeignet erscheinen lässt. Dies sollte aber insofern kein Problem sein, als schließlich auch Liechtenstein als ein für Österreich und Bayern „vorbildliches“ Land genannt wird; ein Vergleich zwischen einer der aus Expertensicht „guten“ und den zwei „schlechten“ Rechtslagen also auch allein damit möglich ist.

Liechtenstein

In Liechtenstein wird der archäologische Denkmalschutz seit 1.1.2017 durch das Gesetz vom 9. Juni 2016 über den Schutz, die Erhaltung und die Pflege von Kulturgütern (Kulturgütergesetz; KGG) geregelt, das das zuvor geltende Denkmalschutzgesetz abgelöst hat. Im Wesentlichen sind die archäologischen Schutzbestimmungen des neuen KGG den zuvor geltenden Bestimmungen sehr ähnlich.

Gem. Art. 3 Abs. 1 lit. a KGG sind „"Kulturgüter": bewegliche oder unbewegliche Gegenstände, denen aus religiösen oder weltlichen Gründen ein archäologischer, geschichtlicher, künstlerischer, architektonischer, wissenschaftlicher, sozialer, technischer oder sonstiger kultureller Wert zukommt“, wobei gem. lit. h archäologische Kulturgüter „alle beweglichen und unbeweglichen Überreste, Gegenstände und Bauten sowie alle anderen Spuren menschlichen Daseins“ sind, „welche Kunde von Epochen und Kulturen geben, für deren Kenntnis archäologische und baugeschichtliche Untersuchungen die wichtigste oder eine der wichtigsten wissenschaftlichen Informationsquellen sind“. Gem. Art. 2 Abs. 1 Z 2 findet das KGG allerdings nur auf Kulturgüter Anwendung, die von nationaler Bedeutung sind. Gem. Art. 31 KGG führt das Amt für Kultur ein Kulturgutregister, in das Kulturgüter im Sinne des Art. 2 Abs. 1 aufzunehmen sind, d.h. jene Kulturgüter, auf welche die Bestimmungen des KGG anzuwenden sind.

Gem. Art. 13 KGG sind Funde mutmaßlicher Kulturgüter dem Amt für Kultur umgehend zu melden, alle Arbeiten unmittelbar einzustellen und die Fundstelle – gem. Art. 14 Abs. 1 bis zum Ablauf von 5 Arbeitstagen ab Abgabe der Fundmeldung – nicht mehr zu verändern. Gem. Art. 19 dürfen archäologische Untersuchungen nur vom Amt für Kultur oder mit dessen Genehmigung vorgenommen werden; wobei gem. Art. 22 auch die Verwendung technischer Hilfsmittel jeder Art zum Absuchen des Untergrunds nach archäologischen Kulturgütern einer behördlichen Genehmigung bedarf. 

Für die unbefugte Verwendung technischer Hilfsmittel jeder Art zum Absuchen des Untergrunds nach archäologischen Kulturgütern und die ungenehmigte Durchführung archäologischer Untersuchungen sieht Art. 68 Abs. 1 KGG eine Geldstrafe in Höhe bis zu 50.000 Franken (ca. € 42.750 [7.3.2018]) bzw. bei Nichteinbringbarkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von bis zu 6 Monaten Dauer vor.

Bayern

In Bayern wird der archäologische Denkmalschutz durch das Gesetz zum Schutz und zur Pflege der Denkmäler (Bayerisches Denkmalschutzgesetz – BayDSchG) vom 25. Juni 1973 geregelt, dessen aktuelle Fassung seit 1.5.2017 in Kraft ist.

Gem. Art. 1 Abs. 1 BayDSchG sind Denkmäler „von Menschen geschaffene Sachen oder Teile davon aus vergangener Zeit, deren Erhaltung wegen ihrer geschichtlichen, künstlerischen, städtebaulichen, wissenschaftlichen oder volkskundlichen Bedeutung im Interesse der Allgemeinheit liegt“, wobei gem. Abs. 4 Bodendenkmäler „bewegliche und unbewegliche Denkmäler“ sind, „die sich im Boden befinden oder befanden und in der Regel aus vor- oder frühgeschichtlicher Zeit stammen“. Anwendbar sind aber die (meisten) Bestimmungen des BayDSchG in der Praxis nur auf Denkmäler und Bodendenkmäler, die in der gem. Art. 2 Abs. 1 nachrichtlich zu führenden Denkmalliste verzeichnet sind. Auf der bayerischen Denkmalliste befinden sich dabei derzeit etwas über 40.000 Bodendenkmäler, die auch im bayerischen Denkmal-Atlas kartiert sind (Abb. 1).

Abbildung 1: Screenshot der Region um Ingolstadt aus dem Bayerischen Denkmal-Atlas. Rot markierte Bodenflächen sind in der bayerischen Denkmalliste ausgewiesene Denkmalflächen.

Gem. Art. 8 Abs. 1 BayDSchG sind Funde von Bodendenkmälern unverzüglich einer der zuständigen Denkmalbehörden zu melden, wobei gem. Abs. 2 die aufgefundenen Gegenstände und der Fundort bis zum Ablauf von einer Woche nach der Anzeige unverändert zu belassen sind, wenn nicht die Untere Denkmalschutzbehörde die Gegenstände vorher freigibt oder die Fortsetzung der Arbeiten gestattet. Gem. Art. 7 Abs. 1 bedürfen alle Erdarbeiten – inklusive Grabungen zum Zweck Bodendenkmäler zu entdecken – auf einem Grundstück, auf dem sich bekanntermaßen, vermutlich oder den Umständen nach anzunehmenderweise Bodendenkmäler befinden, einer Erlaubnis durch die örtlich zuständige Denkmalbehörde.

Die Durchführung von Erdarbeiten ohne die dafür erforderliche Erlaubnis gem. Art. 7 Abs. 1 sowie die Missachtung der Meldepflicht des Art. 8 Abs. 1 und ihrer Rechtsfolgen gem. Abs. 2 sind gem. Art. 23 abs. 1 BayDSchG mit Geldbuße von bis zu € 250.000 zu bestrafen.

Österreich

In Österreich wird der archäologische Denkmalschutz durch das erstmals 1923 erlassene, zuletzt 1999 größer novellierte und dabei auch geringfügig umbenannte Bundesgesetz betreffend den Schutz von Denkmalen wegen ihrer geschichtlichen, künstlerischen oder sonstigen kulturellen Bedeutung (Denkmalschutzgesetz - DMSG) geregelt.

Gem. § 1 Abs. 1 DMSG sind Denkmale „von Menschen geschaffene unbewegliche und bewegliche Gegenstände (einschließlich Überresten und Spuren gestaltender menschlicher Bearbeitung sowie künstlich errichteter oder gestalteter Bodenformationen) von geschichtlicher, künstlerischer oder sonstiger kultureller Bedeutung“ und Bodendenkmale gem. § 8 Abs. 1 alle unter der Erd- bzw. Wasseroberfläche aufgefundenen Gegenstände, die offenkundig Denkmale sein könnten. Anzuwenden sind die (meisten) Bestimmungen des DMSG allerdings nur auf solche Denkmale, deren Erhaltung im in § 1 Abs. 2 näher bestimmten öffentlichen Interesse gelegen ist. Derartige „geschützte“ archäologische Denkmale gibt es derzeit in Österreich laut der offiziellen Statistik des Bundesdenkmalamtes (BDA) 918 Stück, die auch in den öffentlich zugänglichen Denkmallisten verzeichnet sind.

Gem. § 8 DMSG sind Zufallsfunde von Bodendenkmälern dem BDA zu melden und gem. § 9 Abs. 1 alle Arbeiten an der Fundstelle unmittelbar auf bis zu 5 Werktage ab Abgabe der Fundmeldung einzustellen, wenn nicht ein Organ des BDA diese Beschränkung schon früher wieder aufhebt. Aufgefundene Bodendenkmale stehen gem. § 9 Abs. 3 zusätzlich vom Zeitpunkt ihrer Entdeckung bis zu 6 Wochen ab Abgabe der Fundmeldung automatisch kraft gesetzlicher Vermutung unter Denkmalschutz, wenn das BDA diesen nicht bereits vor Ablauf dieser Frist aufhebt. Grabungen und sonstige Nachforschungen an Ort und Stelle zum Zwecke der Entdeckung und Untersuchung beweglicher und unbeweglicher Denkmale unter der Erd- bzw. Wasseroberfläche unterliegen gem. § 11 Abs. 1 DMSG einer Genehmigungspflicht durch das BDA. Ebenso ist gem. § 11 Abs. 8 DMSG jede Verwendung von Metallsuchgeräten oder sonstigen Bodensuchgeräten zu egal welchen Zwecken auf Grundstücken bewilligungspflichtig, die als archäologische Denkmale unter Denkmalschutz stehen.

Entgegen den Bestimmungen des § 11 Abs. 1 ohne die dafür vorgesehene Genehmigung durchgeführte Nachforschungen (Grabungen) sind gem. § 37 Abs. 2 Z 2 mit Geldstrafe bis zu € 25.400 zu bestrafen, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet. Die Missachtung der Fundmeldepflicht des § 8, ihrer Rechtsfolgen gem. § 9 sowie die entgegen der Bestimmungen des § 11 Abs. 8 ungenehmigte Verwendung von Metall- oder sonstigen Bodensuchgeräten ist gem. § 37 Abs. 3 mit Geldstrafe bis zu € 5.000 zu bestrafen, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet. Zudem erfüllt jede Beschädigung eines geschützten Denkmals den Tatbestand der schweren Sachbeschädigung des § 126 Abs. 1 Z 3 Strafgesetzbuch (StGB) und ist dementsprechend mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren bzw. – wenn dadurch mehr als € 300.000 Schaden angerichtet wurde – gem. Abs. 2 mit bis zu 5 Jahren Haft zu bestrafen.

Unterschiedlich scharfe Gesetze?

Wie sich aus den Kurzzusammenfassungen der relevanten Bestimmungen des KGG, BayDSchG und DMSG unschwer erkennen lässt, gibt es zwischen diesen drei gesetzlichen Regelungen des archäologischen Denkmalschutzes durchaus gewisse Unterschiede, allerdings nur in Details.

Im Prinzip regeln Liechtenstein, Bayern und Österreich den Schutz archäologischer Bodenfunde nahezu exakt gleich: durch eine allgemeine Fundmeldepflicht bei der Entdeckung mutmaßlicher archäologischer Denkmale; eine damit verbundene Verpflichtung, die Fundstelle etwa eine Kalenderwoche lang unverändert zu erhalten, damit sie Organe der jeweils örtlich zuständigen Behörde begutachten und erforderlichenfalls sachgerecht bergen können; und durch eine Genehmigungspflicht von Nachforschungen und insbesondere Grabungsarbeiten zum Zweck der Entdeckung von archäologischen Denkmalen. Liechtenstein und Österreich (wenigstens, wenn man der Rechtsansicht der zuständigen Behörden folgt, aber siehe dazu schon „Grabungsgenehmigung? Braucht man nicht!“) unterwerfen zusätzlich dazu gleichermaßen auch noch die Verwendung von Metall- und anderen technischen Bodensuchgeräten zum Zweck der Entdeckung von archäologischen Denkmalen im Boden einer allgemeinen Bewilligungspflicht durch die Denkmalbehörde.

Erheblichere Unterschiede finden sich, wenn überhaupt, eigentlich nur im Bereich des maximalen Strafmaßes für Verstöße gegen die denkmalrechtlichen Schutzbestimmungen für archäologische Denkmale. Dabei fallen in Österreich die angedrohten Geldstrafen am niedrigsten aus, während Bayern mit einem Strafmaß von bis zu einer Viertelmillion Euro am schärfsten droht. Dafür droht aber in Österreich dem, der gegen die archäologischen Schutzbestimmungen des DMSG verstößt, potentiell sogar eine Haftstrafe wegen schwerer Sachbeschädigung von bis zu zwei oder in Extremfällen bis zu fünf Jahren.

Es ist also hochgradig verwunderlich, dass Experten in Vorarlberg die Ansicht vertreten, dass es in Bayern und Österreich „gesetzlich wenig Handhabe gegen Raubgräberei“ gäbe und man daher in Bayern und Österreich schärfere Gesetze bräuchte, um dem Problem der Raubgräberei ebenso gut Herr werden zu können wie in Liechtenstein. Woraus diese Experten ableiten, dass es in Liechtenstein mehr gesetzliche Handhabe gegen die „Raubgräberei“ gäbe als in Bayern und Österreich, vermag ich beim besten Willen nicht zu erkennen.

Die Abschreckungswirkung „schärferer“ Denkmalschutzgesetze

Vielleicht haben die Vorarlberger Experten aber auch gar nicht gemeint, dass Liechtenstein die „Raubgräberei“ aufgrund seines im Vergleich zu Bayern und Österreich gar nicht „schärferen“ Denkmalschutzgesetzes besser im Griff hat als die beiden letztgenannten Länder; sondern dass generell eine Verschärfung der Denkmalschutzgesetze erforderlich wäre, um durch die vermehrte Abschreckungswirkung solcher „schärferer“ Gesetze endlich Herr des Problems werden zu können. Zwar haben Katharina Möller und ich erst zuletzt (auf Englisch in „An empirical examination of metal detecting“) wieder gezeigt, dass man sich gerade in diesem Bereich keine allzu großen Hoffnungen darauf machen sollte, dass Denkmalschutzgesetze irgendeine abschreckende Wirkung entfalten, aber vielleicht kennen oder glauben die Vorarlberger Experten nicht an die Aussagekraft internationaler Vergleiche. Es ist also wohl notwendig, dasselbe noch einmal auf andere Weise zu zeigen.

Die historische Entwicklung des DMSG

Wie bereits erwähnt, trat die Erstfassung des österreichischen DMSG 1923 in Kraft, d.h. lange bevor Metallsuchgeräte breiteren Bevölkerungsschichten zugänglich wurden. Die Metallsuche als Hobby scheint in Österreich erst im Jahr 1969 bzw. 1970 ernsthaft eingesetzt zu haben, wie ich zuletzt anhand einer Untersuchung der Münzfundmeldungen in den Fundberichten aus Österreich gezeigt habe (Karl 2016a). Seither wurde das DMSG mehrfach stärker novelliert, wobei insbesondere die „archäologische“ Novelle des DMSG aus dem Jahr 1990 und ihre Fortsetzung in der Novelle aus dem Jahr 1999 relevant sind. Aber beginnen wir eine Kurzdarstellung dieser Geschichte (eine ausführlichere findet sich in Karl 2018, 78-108) an ihrem Anfang:

Das DMSG 1923 sah generell vor, dass alle Bodenfunde von möglichen Denkmalen – egal bei welcher Handlung mit welchem Zweck sie entdeckt worden waren – entsprechend der damals noch in § 9 geregelten Fundmeldepflicht dem BDA zu melden seien. Damit verbunden waren die Rechtsfolgen der Entdeckung von solchen Funden des damaligen § 10, die denen des heutigen § 9 schon weitestgehend ident entsprachen: die Fundstelle war für kurze Zeit (damals nur längstens 4 Werktage) unverändert zu belassen und alle entdeckten Denkmale standen zeitweilig (damals nur 4 Wochen) automatisch unter Denkmalschutz. Nur wer bei Grabungen mit dem Zweck archäologische Denkmale zu entdecken von den Arbeitseinstellungspflichten des damaligen § 10 befreit sein wollte, konnte vorab eine Genehmigung durch das BDA gem. § 11 Abs. 1 DMSG beantragen. Es gab also im DMSG keine „Grabungsgenehmigungspflicht“, sondern nur eine „Vorabgenehmigungsmöglichkeit“ für Grabungen mit wissenschaftlichem Entdeckungszweck. Eine solche Genehmigung konnte dem DMSG 1923 zufolge auch Jedem erteilt werden, eine besondere Qualifikation war nicht erforderlich.

Diese Rechtslage blieb bis 1990 unverändert, auch wenn der zuständige Ministerialrat in seinem Kommentar zur DMSG-Novelle von 1978 bereits versuchte, die Vorabgenehmigungsmöglichkeit im Kontext der – inzwischen aufgekommenen – Metallsuche durch Laien auf recht abenteuerliche Weise in eine allgemeine archäologische Nachforschungsgenehmigungspflicht (NFG-Pflicht) umzudeuten (Helfgott 1979, 80-83). Tatsächlich wurde diese Rechtsansicht auch durch ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH vom 24.6.1985, 84/12/0213) in einem Fall aus dem Jahr 1985 teilweise bestätigt, den die staatliche Denkmalpflege dennoch verlor, weil der belangte Metallsucher glaubhaft gemacht hatte, niemals gegraben und damit die Bestimmungen des § 11 Abs. 1 DMSG 1978 nicht verletzt zu haben (Karl 2016b, 8-9).

Nicht zuletzt infolge dieser Niederlage vor Gericht wurden die einschlägigen Bestimmungen daher in der Novelle von 1990 maßgeblich umgestaltet und verschärft: die Geltung der immer noch als §§ 9 und 10 bezeichneten Meldepflicht von Bodenfunden und der Rechtsfolgen der Entdeckung von Bodendenkmalen wurde nun nahezu ausschließlich auf Zufallsfunde beschränkt. Die Bestimmung des § 11 Abs. 1 DMSG 1990 wurde hingegen nun als Genehmigungspflicht für alle vorsätzlichen Grabungen und sonstigen Nachforschungen „an Ort und Stelle“ mit archäologischer Entdeckungsabsicht ausgedehnt, d.h. aus der Vorabgrabungsgenehmigungsmöglichkeit eine „volle“ NFG-Pflicht gemacht. Gleichzeitig wurde die Möglichkeit zur Erteilung einer derartigen Genehmigung auf Personen mit nachgewiesener Kompetenz zur sachgerechten Behandlung von Bodenfunden beschränkt; nachzuweisen entweder durch einschlägigen archäologischen Studienabschluss oder durch eine Prüfung vor einer Kommission (die übrigens niemals auch nur zusammengestellt wurde, darauf hat man im Ministerium und BDA scheinbar „vergessen“).

Dieser bedeutenden Verschärfung der gesetzlichen Schutzbestimmungen für Bodendenkmale folgte in der Novelle 1999 eine weitere Verschärfung: die Möglichkeit zur Erteilung einer NFG gem. § 11 Abs. 1 DMSG wurde nun explizit ausschließlich auf AbsolventInnen einschlägiger archäologischer Universitätsstudien beschränkt. Damit wurde (bzw. schien) nun die bloße Möglichkeit zur gesetzeskonformen Metallsuche auf professionelle ArchäologInnen beschränkt und somit allen anderen StaatsbürgerInnen (wenigstens nach Rechtsansicht des BDA) die Metallsuche vollständig verboten.

Seit um 1970 herum in Österreich Metallsuchgeräte breiteren Bevölkerungsschichten verfügbar wurden, wurde das DMSG also mehrfach deutlich „verschärft“; und zwar jeweils konkret mit dem Zweck, dem denkmalpflegerischen Problem mit der Metallsuche durch BürgerInnen, die nicht einschlägig archäologisch ausgebildet sind, Herr zu werden. Durfte 1970 noch jeder einigermaßen frei, wie es ihm beliebte, archäologische Funde suchen, wurde das Recht, der „archäologischen Schatzsuche“ nachzugehen, ab Ende der 1970er auf Wunsch der archäologisch-denkmalpflegerischen Fachwelt zunehmend in der behördlichen Handhabungspraxis beschränkt, ab 1990 auf gesetzlichem Weg, seit 1999 – wenigstens, wenn man der Rechtsmeinung des BDA (2018, 10) folgt – sogar ausschließlich auf graduierte ArchäologInnen. 

Die historische Entwicklung der Anzahl der MetallsucherInnen in Österreich

Um zur Ansicht gelangen zu können, dass eine „Verschärfung“ der gesetzlichen Bestimmungen zur Regelung der „archäologischen Schatzsuche“ die „Raubgräberei“ eindämmen würde, muss man annehmen, dass „schärfere“ gesetzliche Bestimmungen eine größere abschreckende Wirkung entfalten als weniger „scharfe“. Diese abschreckende Wirkung muss sich auch in der empirisch beobachtbaren Wirklichkeit zeigen: im mindesten Fall sollte es zu einer deutlichen Verlangsamung des Ansteigens der Anzahl der Fälle kommen, in denen Normunterworfene die nach der „Verschärfung“ stärker gesetzlich verbotenen bzw. mit Strafe bedrohten, unerwünschten Handlungen setzen; besser noch zu einer deutlichen Reduktion des Vorkommens des unerwünschten Verhaltens. Kommt es nicht dazu, war die „Verschärfung“ der gesetzlichen Bestimmungen schließlich nutzlos.

Es erscheint daher sinnvoll, die historische Entwicklung der Anzahl der in Österreich aktiven, nicht professionellen MetallsucherInnen zu betrachten, um diese mit der Entwicklung der „Verschärfung“ der gesetzlichen Bestimmungen zur Beschränkung der Metallsuche vergleichen zu können. Dies ist zwar einigermaßen schwierig, weil systematische empirische Untersuchungen der historischen Entwicklung der Anzahl der aktiven Metallsucher in Österreich bisher weitgehend fehlen; es lassen sich allerdings auf verschiedenen Wegen Hinweise darauf gewinnen, wie diese Entwicklung verlaufen sein dürfte.

Die Entwicklung der Anzahl der Einzelfundmeldungen von Münzen bis 1984

Ein Hinweis auf die Entwicklung der Größe der „Metallsucherszene“ lässt sich aus den Münzfundberichten gewinnen, die vom BDA bis 1984 in den Fundberichten aus Österreich veröffentlicht wurden.

Abbildung 2: Anzahl der in den Münzfundberichten 
der Fundberichte aus Österreich im Zeitraum
1930-1984 jährlich verzeichneten Einzelfundmünzen.
Besonders aussagekräftig ist hier die Entwicklung der Anzahl der als Einzelfunde zu kategorisierenden, gemeldeten Münzen: bevor Metallsuchgeräte in „archäologischen“ Gebrauch kamen – d.h. bis inklusive 1969 – wurden alljährlich durchschnittlich ca. 65 Einzelfundmünzen entdeckt und dem BDA gemeldet. Bereits 1970 steigt die Anzahl der Einzelmünzfundmeldungen hingegen sprunghaft auf 645 an, also auf ziemlich exakt das Zehnfache des bis dahin gegebenen Jahresdurchschnitts. 1983 wird dann mit 4.906 Einzelfundmünzen der Höchstwert im Beobachtungszeitraum erreicht, d.h. etwa das 75-fache des bis 1969 typischen Jahresdurchschnitts (Abb. 2).

Dennoch zeigen diese frühen Fundmeldungen deutlich, dass die frühe Metallsucherszene noch sehr klein – und übrigens auch noch durchaus meldebereit – war: die Fundmeldungen stammen in der Regel von nur wenigen, meist ausgedehnteren Fundstellen; von nicht mehr als ein paar Handvoll von MetallsucherInnen; die oft von derselben Fundstelle mehrere Zehn, wenn nicht sogar mehrere Hundert Einzelfundmünzen pro Jahr melden. Auch der Fall, der zum schon weiter oben erwähnten Erkenntnis des VwGH (24.6.1985, 84/12/0213) geführt hat, zeigt, womit zu dieser Zeit gerechnet werden konnte: der in diesem Fall letztendlich für unschuldig befundene Metallsucher hatte bei einem Suchgang, bei dem er glaubwürdigerweise nur Oberflächenfunde eingesammelt hatte und vom ihn angetroffen habenden Polizisten unterbrochen wurde, 8 römische Münzen auf einer einzelnen Fundstelle entdeckt.

Auch wenn also die absoluten Zahlen von Einzelfundmünzen bereits in den frühen 1980ern ArchäologInnen bereits sehr hoch erscheinen mögen, zeigen sie dennoch eine noch sehr kleine Szene an: selbst beinahe 5.000 Münzen, wie im Jahr 1983, sind – wenn man mit „nur“ durchschnittlich 10 Münzen pro Suchgang auf einer „produktiven“ Fundstelle rechnet, das Resultat von gerade einmal 500 Suchgängen von höchstens ein paar Zehn, sicherlich deutlich weniger als 50, aktiven MetallsucherInnen. Das eine solche Annahme durchaus realistisch ist, zeigen auch Berichte derzeitiger Metallsucher über ihre Erfolgsquoten bei Suchgängen, die sich in bedeutenden Zahlen im Internet finden lassen (so z.B. auch auf YouTube, im verlinkten Video ab Minute 5), die auf produktiven Stellen auch durchaus pro Suchgang um die 10 Münzen finden, nicht selten sogar mehr.
Selbst am Ende dieses Untersuchungszeitraums dürfte es also in Österreich nicht viel mehr als ein paar Hundert aktive Metallsucher gegeben haben.

Die Entwicklung der „Szene“ in der Selbstsicht ihrer Mitglieder

Abbildung 3: Selbstschätzung der Größe der Szene 
zu verschiedenen Zeitpunkten durch MetallsucherInnen
selbst (n=22).
Bereits 2011 habe ich in einem englischen Beitrag (Karl 2011) eine Schätzung der historischen Entwicklung der Größe der österreichischen Metallsucherszene unternommen. Diese Schätzung beruhte sowohl auf einer – allerdings nur sehr kleinen – Umfrage in der Szene selbst, als auch diversen anderen Daten wie z.B. der Mitgliederzahl des größten Online-Diskussionsforum für Metallsucher in Österreich.

Die Schätzungen aus der Szene selbst variierten dabei zwar recht deutlich, zeigen aber dennoch einen gewissen Trend an (Abb. 3). Der durchschnittliche Schätzwert für die Größe der Szene um 1975 lag dabei zwischen weniger als 100 bis zu etwa 250 Mitgliedern. Um 1990 schätzte die Szene selbst, dass es durchschnittlich wohl um die 500 aktive Metallsucher in Österreich gab, um 2000 um die 1.000, 2010 hingegen um die 2.000 herum; wobei es allerdings auch – vor allem in Bezug auf die letzten Jahre vor 2010 – deutliche Ausreißer nach oben gab (Abb. 3).

Ich selbst schätzte die Größe der Szene im Jahr 2010 in diesem Beitrag auf wenigstens 1.000, aber vermutlich eher so um die 2.000-3.000 Mitglieder und postulierte, dass die Anzahl der MetallsucherInnen in Österreich seit 1975 stetig und signifikant angewachsen sei (Karl 2011, 120-121). Eine Bestätigung dafür sah ich auch in den Mitgliederzahlen des größten Internet-Diskussionsforums für MetallsucherInnen in Österreich, Ferrum Noricum, das am 16.12.2010 ca. 550 registrierte Mitglieder hatte (Karl 2011, 120).

Schätzung auf Basis der Entwicklung der Mitgliederzahlen von Ferrum Noricum

Abbildung 4: Entwicklung der Mitgliederzahlen 
von Ferrum Noricum vom 31.12.2012 bis 31.12.2017 
auf Basis der Mitgliederliste vom 8.3.2018.
Seit damals beobachte ich auch – mehr oder minder systematisch – die Entwicklung der Mitgliederzahlen ebendieses Forums, das das primäre Medium in Österreich ist, mittels dessen sich die österreichische Metallsucherszene intern austauscht.

Die Entwicklung der Mitgliederzahlen von Ferrum Noricum lässt sich aus der Mitgliederliste erschließen, die seit 17.12.2002 geführt (und gelegentlich von Karteileichen bereinigt) wird. Wie sich aus der aktuellen (Abrufdatum: 8.3.2018) Mitgliederliste erkennen lässt, hatte Ferum Noricum am 31.12.2010 545 Mitglieder; am 31.12.2017 hingegen 3.396; die Anzahl seiner Mitglieder sich also in diesen 7 Jahren etwa um einen Faktor von 6 vergrößert. Dabei ist die Zuwachsrate über die letzten 7 Jahre hinweg einigermaßen konstant geblieben (siehe Abb. 4), auch wenn sich seit 2015 eine gewisse Verflachung der Zuwachskurve attestieren lässt.

Diese Entwicklung der Mitgliederzahlen ist allerdings sicherlich nicht nur dem Neuzugang von Szenemitgliedern geschuldet. Vielmehr ist anzunehmen, dass – wohl durchgehend – ein gewisser Anteil der Neuzugänge von Mitgliedern bei Ferrum Noricum der zunehmenden Online-Vernetzung geschuldet ist, d.h. wenigstens ein gewisser Anteil des jährlichen Zuwachses auf die zunehmende Verwendung des Internets in immer breiteren Bevölkerungsschichten zurückzuführen ist. Im Bereich des Ferrum Noricum scheint der Zeitraum, in dem dieser Zuwachs aus diesem Grund besonders zunimmt, zwischen etwa 2008 und 2015 fallen, in dem sie Kurve der Mitgliederzahlentwicklung deutlich steiler als zuvor und etwas steiler als seitdem ansteigt. Dieser Anteil ist aber – entsprechend der Veränderung des Internet-Nutzungsverhaltens in der Gesamtbevölkerung – vermutlich über den Beobachtungszeitraum ab etwa 2010 rückläufig gewesen (siehe dazu die Daten der Statistik Austria und von Integral Markt- und Meinungsforschung zur ansteigenden Internet-Nutzungsfrequenz der ÖsterreicherInnen). Man kann daher davon ausgehen, dass der jährliche Mitgliederzuwachs 2010 noch teilweise dem sich ändernden Internet-Nutzungsverhalten der Szenemitglieder geschuldet war, während inzwischen der Zuwachs nahezu zur Gänze einem tatsächlichen Neuzuwachs an Szenemitgliedern entspricht. Oder mit anderen Worten: die Metallsucherszene wächst jedes Jahr im Vergleich zum jeweiligen Vorjahr um ein paar Prozent an.

Eine Hochrechnung der historischen Entwicklung der Metallsucherszene

Das erlaubt eine – wenigstens grobe – Hochrechnung der historischen Entwicklung der Größe der Szene: wir wissen, dass die Anzahl der aktiven MetallsucherInnen bis Anfang 1969 wohl jedenfalls Null war. Wir wissen auch, dass es Ende 2017 in Österreich vermutlich wenigstens 3396 aktive MetallsucherInnen gegeben hat, weil das die Mitgliederzahl des größten österreichischen Metallsucher-Internetforums ist. Wir wissen auch, dass die Szene bis etwa 1984 nur eher langsam angewachsen zu sein scheint, während sie von 2010 bis 2017 einigermaßen rapide angewachsen ist, nämlich um wenigstens einige hundert Neuzugänge pro Jahr, Tendenz (wenigstens langsam) steigend. Wir können also zu Vereinfachungszwecken im Sinne einer ersten Näherung annehmen, dass die Szene jedes Jahr seit 1970 um einen – wenn auch nur relativ geringen – Prozentsatz angewachsen ist.

Abbildung 5: Hochrechnung der historischen 
Entwicklung der Mindestgröße der 
österreichischen Metallsucheszene.
Geht man daher davon aus, dass in den Jahren 1969-1970 etwa 20 „Pioniere“ mit der Metallsuche begonnen haben, und die Szene seither konstant um durchschnittlich 11,55% pro Jahr gewachsen ist, kommt man Ende 2017 bei geschätzt 3.404 aktiven MetallsucherInnen an; d.h. gerade um 9 mehr, als Ferrum Noricum Ende 2017 an Mitgliedern hatte (Abb. 5).

Diese Hochrechnung entspricht auch in ihren Details einigermaßen gut dem Bild, dass sich im Zeitraum zwischen 1970 bis 1984 aus den Münzfundmeldungen und in den letzten 7 Jahren aus der Entwicklung der Mitgliederzahlen von Ferrum Noricum ableiten lässt; und passt auch recht gut zur Selbsteinschätzung der Entwicklung dieser Szene durch ihre eigenen Mitglieder: 1985 hätte die Szene die 100 Mitglieder-Marke durchstoßen; im Jahr 2000 hätte es etwas über 500 aktive MetallsucherInnen in Österreich gegeben (genauer Hochrechnungswert: 531); die 1000 Mitglieder-Marke wäre 2006 gefallen; 2010 wäre eine Anzahl von 1.584 MetallsucherInnen in Österreich aktiv tätig gewesen; 2015 wären es 2.736 gewesen; und Ende 2017 eben 3.404.

Tatsächlich hätte sich die Anzahl der MetallsucherInnen in Österreich damit von 1970 bis 1985 etwas mehr als verfünffacht, was dem tatsächlich beobachtbaren Anstieg der Einzelmünzfundmeldungen in diesem Zeitraum um einen Faktor von etwa 7,5 (jährliche Fluktuationen ignorierend) recht gut entspricht. Im Zeitraum zwischen 2010 und 2017 wäre hingegen die durchschnittliche jährliche Zuwachsrate bei ca. 260 neuen MetallsucherInnen pro Jahr gelegen, wobei der Anstieg von 2016 auf 2017 allerdings schon 350 Personen gewesen wäre, die das Hobby neu ergriffen haben, was tatsächlich exakt die Anzahl von Mitgliedern ist, um die Ferrum Noricum im Jahr 2017 gewachsen ist.

Ferrum Noricum, dessen Mitgliederzählung 2002 beginnt, hätte eine ähnliche Entwicklung wie die Szene selbst durchlaufen, nur in einem verkürzten Zeitraum. Etwa 2015 hätte die Mitgliederzahl des Ferrum Noricum den Rückstand gegenüber der tatsächlichen Anzahl aktiver MetallsucherInnen weitgehend aufgeholt gehabt. Tatsächlich hätte sich die Anzahl der MetallsucherInnen von 2010 bis 2017 etwas mehr als verdoppelt (1.584 auf 3.404 = Faktor 2,14), was etwa ein Drittel des Anstiegs der Mitgliederzahlen des Ferrum Noricum im selben Zeitraum ist: diese Diskrepanz wäre die Folge des oben genannten Effekts der Veränderung des Internet-Nutzungsverhaltens der österreichischen Metallsucherszene.

Vergleich der Entwicklungen der Rechtslage und der Metallsucherszene

Vergleicht man nun die Entwicklung der Verschärfung der Rechtslage mit der hochgerechneten Entwicklung der Metallsucherszene in Österreich, zeigt sich deutlich, dass sich eine verstärkte abschreckende Wirkung durch verschärfte gesetzliche Bestimmungen wohl kaum argumentieren lässt.

Zwar ist selbstverständlich die Hochrechnung in Abb. 5 nicht mehr als eine Schätzung. Diese Schätzung entspricht aber über die ersten 15 Jahre des relevanten Zeitraums – d.h. des Zeitraums bis zur und mehrere Jahre über die Verschärfung der Anwendungspraxis des DMSG in den Fassungen bis inklusive zur Novelle von 1978 und dem zugehörigen Gesetzeskommentar von Helfgott (1979) hinaus – und auch über die letzten ca. 10 Jahre hinweg gut den empirisch beobachtbaren Daten; und auch generell gut der Selbsteinschätzung von Szenemitgliedern über die Entwicklung ihrer Szene über fast den gesamten Beobachtungszeitraum hinweg. Es würde daher – wenigstens mir – einigermaßen verwegen erscheinen, anzunehmen zu wollen, dass die tatsächliche Entwicklung der Metallsucherszene nicht wenigstens grob der in Abb. 5 hochgerechneten Entwicklung entspricht.

Aber mehr noch: man müsste, um das Postulat der abschreckenden Wirkung verschärfter gesetzlicher Bestimmungen im Bereich der Regelung der Metallsuche retten zu können, – ohne jedwede Datengrundlage dafür zu haben – eine historische Entwicklung der Metallsucherszene postulieren, die den beobachtbaren empirischen Daten in den ersten 15 und letzten 10 Jahren des relevanten Beobachtungszeitraums diametral widerspricht. Denn die Metallsuchszene hätte, um dieses Postulat retten zu können, in vergleichsweise sehr kurzer Zeit extrem sprunghaft ansteigen müssen, um bereits vor den Verschärfungen in Anwendungspraxis ab 1978/1979 bzw. der Rechtslage 1990 und neuerlich 1999 auf die mehr als ca. 3.400 MetallsucherInnen zu kommen, die in Österreich derzeit mindestens aktiv sein dürften; oder wenigstens auf so viele, dass sich auch nur eine Verlangsamung der Zuwachsrate durch die verschärften gesetzlichen Bestimmungen argumentieren lässt.

Denn schließlich scheint die Zuwachsrate in den letzten 10 Jahren – also nach allen bereits vorgenommenen Verschärfungen der Rechtslage – bei jedenfalls mehreren hundert neuen MetallsucherInnen pro Jahr zu liegen, zuletzt wohl so um die wenigstens 350. Damit hätte jedoch, damit sich auch nur eine Verlangsamung der Zuwachsrate der Szene durch die Gesetzesverschärfungen argumentieren lässt, in den Jahren von 1970 bis 1990 der jährliche Zuwachs mehr als etwa 350 MetallsucherInnen pro Jahr sein müssen, d.h. die Anzahl der MetallsucherInnen in diesem Zeitraum von 0 auf wenigstens etwa 7,000 ansteigen müssen. Dass dies aber zu nicht mehr als einem Ansteigen der Münzmeldungen im Zeitraum zwischen 1970 bis 1984 als um einen Faktor von 7,5 und nicht zu viel mehr als den tatsächlich eingegangenen Münzfundmeldungen geführt hätte, scheint unwahrscheinlich: schließlich hatten gerade die frühesten MetallsucherInnen noch gar keinen Grund, Fundmeldungen zu unterlassen. Denn unter der Regelung des DMSG 1923 bestand in § 11 Abs. 1 noch gar keine NFG-Pflicht, sondern nur eine Vorab-Grabungsgenehmigungsmöglichkeit; und die Mehrheit aller Münzfunde – sofern ausreichend geringwertig – fiel aufgrund der Bestimmungen der §§ 391 Abs. 2, 395 und 397-401 ABGB bei korrekter Abgabe der Fundmeldung wohl unter das freie Zueignungsrecht des Finders.

Es sprechen daher die empirischen Daten sehr stark dafür, dass die Verschärfung der Anwendungspraxis durch den Kommentar von Helfgott (1979, 80-83) und der Rechtslage durch die Gesetzesnovellen von 1990 und 1999 die Anzahl der aktiven MetallsucherInnen weder reduziert noch das Anwachsen der Szene auch nur verlangsamt hat. Vielmehr scheint es – wie ja auch im eingangs genannten Beitrag von den dort zitierten Experten festgestellt –, als ob das Problem mit der „Raubgräberei“ trotz bereits vorgenommener, doch einigermaßen drastischer Gesetzesverschärfungen immer größer wird.

Welche weiteren Verschärfungen der Rechtslage wären wirksam?

Gleichzeitig muss man auch noch die Frage stellen, welche (weiteren) Verschärfungen der Rechtslage überhaupt noch möglich wären. 

Weitreichendere Verbote der Metallsuche?

In Österreich ist laut BDA (2018, 10) schon derzeit jede Nachforschung mit Metallsuchgeräten mit dem Zweck der Entdeckung und Untersuchung von Bodendenkmalen allen (außer graduierten ArchäologInnen mit Genehmigung des BDA gem. § 11 Abs. 1 DMSG) verboten. Dieses Verbot gilt laut BDA auch bereits auf allen Bodenflächen, unabhängig davon, ob sie überhaupt unter Denkmalschutz stehen oder nicht und ob von der betroffenen Bodenfläche auch nur irgendwelche Hinweise auf das Vorkommen irgendwelcher Bodendenkmale vorliegen oder nicht. Und es gilt auch laut BDA – nachdem zur Erfüllung von Vorsatzdelikten in Österreich der Eventualvorsatz genügt – sogar dann, wenn der bzw. die Nachforschende gar nicht die Entdeckung von Bodendenkmalen bezweckt, sondern diese nur billigend in Kauf nimmt.

Es erscheint also höchst unklar, welche zusätzliche Ausweitung der bereits bestehenden gesetzlichen Verbote in Österreich überhaupt noch möglich wäre. 

Vorstellbar wäre hier eventuell ein generelles Verbot der Verwendung „von Mess- und Suchgeräten, die geeignet sind, Kulturdenkmale aufzufinden“ ohne Genehmigung durch die zuständige Denkmalbehörde, wie das in Schleswig-Holstein (§ 12 Abs. 2 Z 5 DSchG-SH) tatsächlich der Fall ist. Es ist allerdings nicht erkenntlich, warum ein Verbot der ungenehmigten Verwendung von Mess- und Suchgeräten effektiver sein sollte als das ohnehin (wenigstens nach Rechtsansicht des BDA in Österreich) schon bestehende Verbot zu ihrer ungenehmigten Verwendung zur Entdeckung von Bodendenkmalen.  

Der einzige mögliche Vorteil eines solchen Verbots gegenüber dem ohnehin bereits bestehenden wäre der, dass MetallsucherInnen, die ihrem Hobby ohne die einschlägige Genehmigung nachgehen, einfacher bestraft werden können: man muss ihnen dann schließlich nicht zusätzlich zur Verwendung des Mess- oder Suchgerätes auch noch den Vorsatz (oder wenigstens Eventualvorsatz) der Entdeckung von Bodendenkmalen nachweisen. Ob das allerdings die Abschreckungswirkung des Gesetzes so signifikant verstärkt, dass damit das Problem der „Raubgräberei“ unter Kontrolle gebracht werden könnte, erscheint mir doch eher zweifelhaft. Schließlich scheitert die Strafverfolgung von „RaubgräberInnen“ so gut wie nie an der fehlenden Nachweisbarkeit des Entdeckungsvorsatzes. Das Problem ist vielmehr in der Regel das, dass man die TäterInnen überhaupt nicht erwischt.

Die andere vorstellbare Möglichkeit, wie man das Gesetz noch weiter verschärfen könnte, wäre ein Totalverbot des („privaten“) Besitzes von Metall- bzw. allen Mess- und Suchgeräten, die zur Entdeckung von Bodendenkmalen geeignet sind. 

Ein solches Verbot müsste dann aber jedenfalls europaweit erlassen werden, denn im Zeitalter der offenen (d.h. normalerweise unkontrollierten) Grenzen hält potentielle Metallsucher ja nichts davon ab, sich ihr Metallsuchgerät einfach im nächstgelegenen Ausland zu besorgen und „illegal“ ins Land zu bringen. Davon abgesehen wäre die praktische Durchsetzbarkeit eines solchen Verbots auch allein schon deshalb schwierig, weil Metall- und andere Mess- und Suchgeräte, mit denen man Bodendenkmale im Boden aufspüren kann, auch zahlreiche andere Verwendungen als die „Raubgräberei“ haben. Solche Geräte werden auch großteils von privatwirtschaftlich organisierten Unternehmen – das inkludiert neben Installateuren, Elektrikern, Baufirmen, und speziellen Berufen wie Gärtnern, Schwimmteichbauern und Landschaftsgestaltern, etc. auch archäologische Dienstleistungsunternehmen – zu diesen vielfältigen Zwecken eingesetzt. Damit könnte aber erst recht wieder ein jeder, der – z.B. – ein archäologisches Dienstleistungsunternehmen gründet – und das muss aufgrund von Wissenschafts- und Erwerbsfreiheit jeder tun dürfen – völlig rechtmäßig in den Besitz solcher Geräte gelangen; wenngleich eventuell nur mit größerem Aufwand als bisher.

Vor allem aber stellt sich auch bei einem Totalverbot des („privaten“) Besitzes von Metall- bzw. sonstigen vergleichbaren Mess- und Suchgeräten die Frage, inwieweit dadurch die abschreckende Wirkung des Gesetzes deutlich über die der schon bestehenden Regelungen angehoben würde. Denn man muss „RaubgräberInnen“ auch dann immer noch erwischen, woran es eigentlich hapert; und selbst dann, wenn man welche erwischt, diesen immer noch nachweisen, dass sie das betreffende Gerät nicht rechtmäßig besitzen und / oder verwenden.

Auch diese Möglichkeiten zu einer Verschärfung der denkmalrechtlichen Schutzbestimmungen durch eine noch weitere Ausdehnung ihres Anwendungsbereichs scheinen also nicht wirklich geeignet, das Ziel, das die staatliche Denkmalpflege und die archäologische Denkmalpflege mit Forderungen nach weiteren Gesetzesverschärfungen zu erreichen versuchen, tatsächlich maßgeblich besser zu erreichen als durch die bereits geltenden Verbote. Wenn schon die bisher bestehenden Verbote anscheinend genau gar nichts nutzen, warum sollten das noch weitreichendere Verbote, die praktisch ebenso leicht zu umgehen sind wie die bisherigen?

Höhere Strafen?

Damit bleibt als weitere Möglichkeit einer Verschärfung der denkmalrechtlichen Schutzbestimmungen zur Verhinderung von Raubgrabungen eigentlich nur eine Erhöhung des angedrohten Strafrahmens bzw. der verhängten Strafen. 

Aber gerade im Bereich der Strafandrohung scheinen bereits die schon derzeit in Österreich vorgesehenen Maximalstrafen recht drakonisch: immerhin reicht der Strafrahmen gem. § 37 Abs. 2 Z 2 DMSG bis zu € 25.400 für die bloße, ungenehmigte Durchführung einer Metallsuche. Das ist ein bedeutender Geldbetrag: laut Statistik Austria betrug das Nettoeinkommen in Österreich im Jahr 2016 im arithmetischen Mittel € 22.344 und selbst jenes der durchschnittlich deutlich besserverdienenden Männer nicht mehr als € 26.314. Die angedrohte Maximalstrafe liegt also über den mittleren Nettojahreseinkommen aller ÖsterreicherInnen und nur knapp unter jenem aller österreichischen Männer. Dass durchschnittliche österreichische MetallsucherInnen auf derartige Geldbeträge einfach so verzichten können, halte ich für ausgeschlossen. 

Dass eine Erhöhung dieses Strafrahmens – ob auf € 42.750 wie in Liechtenstein oder gar auf € 0,25 Millionen wie in Bayern – die abschreckende Wirkung der denkmalrechtlichen Strafbestimmungen für die „Raubgräberei“ signifikant erhöhen würde, scheint mir daher hochgradig unwahrscheinlich. Denn schon Geldstrafen in Höhe eines durchschnittlichen Jahreseinkommens könnten sich durchschnittliche MetallsucherInnen nicht leisten. Es stellt sich daher selbst für rational handelnde MetallsucherInnen ohnehin schon nicht mehr die Frage, wie hoch genau die Maximalstrafe ausfallen könnte; sondern höchstens die Frage, wie hoch das Risiko ist, überhaupt erwischt und bestraft zu werden; und vielleicht noch, wie hoch die tatsächlich verhängte Strafe in einem solchen Fall ausfallen dürfte.

Nur zum Vergleich: die Höchststrafe für Geschwindigkeitsübertretungen um mehr als 30 kmh beträgt in Österreich gem. § 99 Abs. 2d StVO € 2.180; und selbst das Lenken eines Fahrzeuges mit mehr als 1,6 Promille Alkohol im Blut – also schwer betrunken – gem. § 99 Abs. 1 lit. a StVO „nur“ € 5.900. Dazu kommt dann noch der normalerweise befristete Entzug des Führerscheins, in Extremfällen wie dem zuletzt genannten für mindestens 6 Monate. Die durchschnittlichen Kosten für eine Geschwindigkeitsübertretung von ca. 30 kmh liegen allerdings nur bei etwa € 50 bis € 100, für geringere Überschreitungen sogar noch darunter.

Das zeigt, dass man auch in Bezug auf die Höhe der dann tatsächlich für Metallsuchen verhängten Strafen recht rasch an die Grenzen des Machbaren stößt; insbesondere bei Erststrafen. Diese scheinen in Österreich – soweit sich das aus den wenigen Fällen ableiten lässt, die mir bekannt sind – normalerweise im Bereich von € 500 zu liegen; sind also ohnehin schon deutlich höher als die durchschnittlichen Strafen für Geschwindigkeitsübertretungen von mehr als 30 kmh selbst im Ortsgebiet. Immerhin werden durch die zuletzt genannten Übertretungen der Straßenverkehrsordnung wenigstens potentiell das Eigentum, die Gesundheit und das Leben von Menschen gefährdet; durch Metallsuchen, insbesondere an Orten, an denen noch nicht einmal das Vorkommen von Bodendenkmalen vermutet wird, hingegen aller Wahrscheinlichkeit nach gar nichts.

Bereits mit den Erststrafen für Übertretungen von denkmalrechtlichen Genehmigungspflichten deutlich höher zu gehen als ein paar hundert oder gar tausend Euro würde daher doch eher unverhältnismäßig erscheinen. Davon abgesehen würde der verfügbare Strafrahmen dadurch zu rasch erschöpft. Denn für andere, weit gravierendere Vergehen wie z.B. die widerrechtliche Veränderung eines – tatsächlich aufgrund seiner bereits behördlich festgestellten besonderen geschichtlichen, künstlerischen oder sonstigen kulturellen Bedeutung – verordnungs- oder bescheidmäßig geschützten Denkmals steht schließlich ebenfalls gem. § 37 Abs. 2 Z 1 DMSG nur der gleiche Strafrahmen zur Verfügung.

Davon abgesehen stellt sich auch die Frage: wie viel würden höhere, tatsächlich verhängte Strafen nutzen, um die abschreckende Wirkung der Denkmalschutzgesetze signifikant zu erhöhen? Schon € 500 sind durchaus nicht zu verachtende Mengen von Geld: immerhin sind das schon 2,2% des durchschnittlichen österreichischen Nettojahreseinkommens. Auch wenn vielleicht auch DurchschnittsverdienerInnen € 500 noch halbwegs verschmerzen können: € 2.000 sind schon mehr als ein durchschnittliches Monatsnettoeinkommen, und darauf können DurchschnittsverdienerInnen schon kaum mehr verzichten. 

Letztendlich lässt sich damit aller Wahrscheinlichkeit nach auch durch das Drehen an der Stellschraube der Strafhöhe keine maßgebliche Erhöhung der abschreckenden Wirkung der denkmalrechtlichen Verbote von „Raubgrabungen“ erreichen. Vielmehr stellt die Strafhöhe eher einen „Null/Null“-Schalter dar: ist die tatsächlich normalerweise verhängte Strafe so niedrig, dass sie sich DurchschnittsbürgerInnen noch leisten können, dann ist ihnen ihr Hobby in der Regel eine solche Strafe auch wert. Ist die Höhe der verhängten Strafe hingegen so hoch, dass sie sich DurchschnittsverdienerInnen nicht mehr wirklich leisten können, stellt sich für diese nur noch die Frage, ob sie erwischt werden. Der Bereich dazwischen – vor allem, wenn man auch mögliche WiederholungstäterInnen weiterhin abschrecken können will – ist hingegen so verschwindend gering, dass „Verschärfungen“ der tatsächlich verhängten Strafen keine signifikant stärkere Verhaltenssteuerungswirkung entfalten können.

Bessere Durchsetzung?

Wenn schon eine Verschärfung der Gesetzeslage kaum Erfolg verspricht, bleibt als letzte Möglichkeit eventuell noch die Verschärfung der Kontrolle der denkmalrechtlichen Verbote. Das mag zwar nicht die geforderte Gesetzesverschärfung sein, die sich die Vorarlberger Experten gewünscht haben, aber man kann es wenigstens als eine Verschärfung der Rechtslage durch verstärkte Verfolgung der Übertretung schon bestehender gesetzlichen Verbote sehen.

Tatsächlich erscheint das auf den ersten Blick gar nicht wenig erfolgversprechend. Denn das Problem mit Metallsuchverboten lässt sich, wie auch bereits aus dem bisher gesagten hervorgeht, letztendlich auf einen Punkt reduzieren: die Chance, erwischt (geschweige denn bestraft) zu werden, ist verschwindend gering. 

Das bedeutet aber, dass für rational handelnde Akteure – und diese liegen generell der Vorstellung zugrunde, dass „schärfere“ Gesetze höhere Abschreckungswirkung entfalten als „mildere“ – die wahrscheinlichen Kosten der Verbotsübertretung derzeit so gut wie immer vom daraus lukrierten Nutzen (sei es bloß an „Freizeitvergnügen“) überwogen werden und sich daher die Verbotsübertretung für diese in aller Regel rentiert. Ist die Wahrscheinlichkeit erwischt und bestraft zu werden nahe bei Null, lässt sich kein rational handelnder Akteur davon abschrecken. Damit die „Raubgrabungsverbote“ die erwünschte Abschreckungswirkung überhaupt entfalten können, die wir uns von ihnen erhoffen, muss man also die Bestrafungswahrscheinlichkeit soweit erhöhen, dass sich der durchschnittliche rational handelnde Akteur ausrechnen kann, dass er wahrscheinlich bestraft wird. 

Betrachten wir dafür kurz neuerlich die bittere Realität: geht man davon aus, dass in Österreich derzeit („nur“) die wenigstens 3.400 aktiven MetallsucherInnen gibt, von deren Existenz wir auf Basis der Mitgliederzahlen des Ferrum Noricum wissen, dann muss man annehmen, dass derzeit jedes Jahr in Österreich wenigstens ca. 190.000 Metallsuchen durchgeführt werden. Denn laut einer szeneinternen Umfrage (Achleitner 2011, 2; n=122) suchen österreichische MetallsucherInnen durchschnittlich ca. 56 Tage im Jahr für jeweils ca. 3,9 Stunden. 

Trotzdem also MetallsucherInnen wenigstens ca. 750.000 Stunden pro Jahr in der österreichischen Landschaft tätig sind, werden im selben Zeitraum vielleicht eine Handvoll angezeigt. Die Wahrscheinlichkeit, angezeigt zu werden, beträgt also derzeit pro Stunde höchstens etwa 1:150.000, bzw. ca. 1:38.000 pro Suchtag. Geht man von 30 Jahren durchschnittlicher „Aktivität“ von MetallsucherInnen aus, ist also die Chance, in einer „Metallsuchkarriere“ erwischt zu werden, derzeit etwa 1:23.

Diese Wahrscheinlichkeit müsste man nun soweit verändern, dass rational handelnde Akteure annehmen müssen, bei der Metallsuche wenigstens so häufig erwischt zu werden, dass der Nutzen, den sie aus der Metallsuche gewinnen, geringer wird als die mit der Bestrafung verbundenen Kosten. Man müsste also, um durchschnittliche MetallsucherInnen auch nur statistisch wenigstens einmal bei der Ausübung ihres Hobbys zu erwischen, die derzeitige „Anzeigequote“ um einen Faktor von 23 verbessern. Die € 500 – 1000, die das den durchschnittlichen Ersttäter kostet, ist aber wohl allen MetallsucherInnen ihr Hobby wert.

Damit die tatsächliche Bestrafung tatsächlich erwischter Täter einen signifikanten abschreckenden Effekt erzielen könnte, müsste man also MetallsucherInnen statistisch wenigstens einmal alle paar Jahre erwischen und bestrafen, damit ihnen ihr Hobby die Strafkosten nicht mehr wert ist. Die „Bestrafungsquote“ müsste also im Vergleich zur derzeitigen um einen Faktor von ca. 100, besser noch deutlich mehr, steigen. Wie man eine solche Steigerung der Anzeigenquote erreichen kann oder auch nur können soll, steht in den Sternen. Selbst weit häufiger als derzeit patrouillierende Polizei wird dafür sicher nicht reichen, einmal abgesehen davon, dass die Polizei, die schon jetzt über Personalmangel klagt,  wirklich wichtigere Aufgaben hat, als aller Wahrscheinlichkeit nach weitgehend bodendenkmalfreie Felder und Wälder vor „Schatzsuchern“ zu schützen. 

Letztendlich kommt man, nicht einmal mit „ehrenamtlichen“ MetallsucherInnen, die andere MetallsucherInnen anzeigen, wenn sie sie im Feld antreffen, aller Wahrscheinlichkeit nach nicht auf Bestrafungswahrscheinlichkeiten, die rational handelnde Akteure ernsthaft abschrecken. Und dabei denken wir noch nicht einmal daran, dass die meisten MetallsucherInnen vermutlich gar nicht so rational handelnde Akteure sind, wie es das Gesetz unterstellt, sondern einfach „auf Suche gehen“, weil es ihnen Spaß macht, ohne großartig darüber nachzudenken, ob sie erwischt und bestraft werden könnten. 

Schlussfolgerungen

Die Forderung nach „schärferen“ Gesetzen erweist sich daher im Bereich des Versuchs der Verhinderung von „Raubgrabungen“ als weitgehend sinnentleert. Denn die Erfahrungen aus der Vergangenheit zeigen, dass uns auch weitreichende und drastische Verschärfungen der Rechtslage bisher der Lösung des Problems mit der „Raubgräberei“ nicht im Geringsten nähergebracht haben. Eine Analyse des für zukünftige Verschärfungen der Rechtslage verfügbaren, bisher noch nicht ausgeschöpften, Spielraums hingegen zeigt, dass wir bereits so ziemlich am oberen Ende des in unseren Rechtsordnungen Vertretbaren angekommen sind. 

Dass das wenige Mehr, das vielleicht doch noch irgendwie geht, vor allem im Bereich der Durchsetzung von gesetzlichen Verboten, dann plötzlich den von uns erwünschten Effekt erzielen wird, den viel drastischere Verschärfungen in der Vergangenheit nicht erreicht haben, ist praktisch ausgeschlossen. Darauf zu hoffen, das Problem, das wir zu lösen zu versuchen, auf diesem Weg lösen zu können, ist also „Wahnsinn: immer wieder das Gleiche tun, aber andere Resultate erwarten“ (ein gerne Albert Einstein zugeschriebenes Zitat; tatsächlich: Brown 1990).

Auf dem bisher eingeschlagenen Weg ist der „Raubgräberei“ nicht beizukommen. Das einzige, was man – wenigstens theoretisch – versuchen könnte, ist die Schäden, die dadurch entstehen, zu minimieren und den Nutzen, der entstehen könnte, wenn MetallsucherInnen ihre Funde sachgerechter bergen, die Bergung dokumentieren und dann auch ihre Funde melden würden, möglichst zu maximieren. Das erreicht man aber nicht mit einfachen gesetzlichen Verboten und Geboten, sondern nur auf anderen Wegen; Wege, über die wir jetzt seit 50 Jahren nicht einmal ernsthaft nachdenken, weil wir lieber sinnlos „schärfere Gesetze“ fordern.

Literaturverweise

Achleitner, N. 2011. Auswertung zum Fragebogen Sondengänger & Archäologie. Unpubl. Bericht.


Brown, R.M. 1990. Die Tennisspielerin. Reinbeck: Rowohlt.

Helfgott, N. 1979. Die Rechtsvorschriften für den Denkmalschutz. Wien: Manz.

Karl, R. 2011. On the highway to hell. Thoughts on the unintended consequences of § 11 (1) Austrian Denkmalschutzgesetz. The Historic Environment – Policy and Practice 2/2, 2011: 111-33.

Karl, R. 2016a. Archaeological responses to 5 decades of metal detecting in Austria. Open Archaeology 2/1, 278-289.



ORF Vorarlberg 2018. Schatzsucher als Problem für Archäologen. ORF Vorarlberg, 2.3.2018 [7.3.3018].

9 Kommentare:

  1. Man müsste vielleicht noch erwähnen, dass der sogenannte "Landesarchäologe" in Wirklichkeit der Archäologe des Landesmuseum ist. Vom BDA kam in der gesamten Berichterstattung niemand vor soviel ich weiß

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  2. Ja, das ist natürlich richtig: in Österreich ist der Denkmalschutz eine Bundesangelegenheit, "Landesarchäologe" bedeutet also in Österreich etwas ganz anderes als in Deutschland. Wie Du ganz richtig bemerkst ist der im ORF-Beitrag genannte Landesarchäologe der Archäologe des örtlich zuständigen Landesmuseum, nicht ein Mitarbeiter des BDA. Das BDA kommt, wie Du ebenfalls ganz richtig bemerkst, im zitierten ORF-Beitrag überhaupt nicht zu Wort.

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  3. Ja, das Problem ist, dass dieser Artikel suggeriert, dass die dort vorkommenden Leute auch nur irgendwas mit offizieller (im Sinne von "staatlich"/"hoheitlich") Archäologie in Vorarlberg zu tun haben - der eine ist, wie gesagt, der Archäologe des Landesmusems und der andere der Gemeindearchivar von Nenzing. De facto war das also ein Artikel über die Privatmeinung zweier Leute. Könnten wir uns jetzt auch hinstellen, uns nen coolen Titel geben den es nicht gibt, und uns dann Gedanken zur Bekämpfung von Wohnungseinbrüchen in Vorarlberg machen ;)

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    1. Naja, wenigstens der Landesarchäologe hat schon was mit offizieller (auch im Sinne von "staatlicher"/"hoheitlicher") Archäologie zu tun, wenn auch nur mittelbar. Aber er ist schon ein Landesbediensteter mit archäologischen Aufgaben; sogar - je nach genauer lokaler Ausgestaltung - eventuell sogar mit denkmalpflegerischen Aufgaben, wenn er der den Landeshauptmann bei seiner Aufsichtspflicht im Sinne des § 30 Abs. 1 als "dessen" wissenschaftliche Fachkraft unterstützt bzw. dessen Aufsichtspflicht in seinem Auftrag tatsächlich wahrnimmt. So gesehen ist die Meinung des Landesarchäologen schon mehr als eine bloße "Privatmeinung".

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  4. Hallo Herr Karl, auf einen Punkt möchte ich hier hinweisen: Das Suchen von Meteoriten mittels Metallsuchgerät ist nach meinem Dafürhalten nicht verboten (es ist ja, wie oben von Ihnen ausgeführt wurde, auch der Einsatz von Metallsuchgeräten nicht grundsätzlich untersagt). Ich kenne persönlich zwei Personen (einer ist studierter Physiker und ein anerkannter Hobby-Astronom), die dieser Tätigkeit seit einigen Jahren nachgehen. Mit Archäologie haben die nichts am Hut. Allerdings verweigert ihnen das BDA standhaft jede Auskunft, was sie hinsichtlich archäologischer 'Beifunde' machen sollen. Eine Verweigerungshaltung, die rechtswidrig ist, da die Behörde zur Auskunft innerhalb einer bestimmten Frist verpflichtet wäre. Ich habe den starken Verdacht, das BDA möchte hier einen kommoden Gummiparagraphen - Stichwort Eventualvorsatz - nicht selbst unterminieren. Gegebenenfalls wäre das ein unappetitliches Verhalten, das dem Zweck einer späteren Rechtsbeugung dienen könnte.

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  5. Hallo Hiltibold! Was das manchmal fragwürdige Verhalten des BDA betrifft, was die Frage der Metallsuche durch Laien betrifft, habe ich mich ja andernorts schon mehrfach geäußert. Tatsache ist jedenfalls, dass § 11 Abs. 1 DMSG sicher nur die vorsätzliche bzw. eventualvorsätzliche Suche nach Denkmalen unter der Erd- bzw. Wasseroberfläche einer gesetzlichen Genehmigungspflicht unterlegt. Wie das Erkenntnis des VwGH vom 23.2.2017, Ro 2016/09/0008 deutlich zeigt, kann auch der Eventualvorsatz nur gegeben sein, wenn bezüglich einer bestimmten Bodenfläche bereits öffentlich bekannt ist, dass dort tatsächlich schützenswerte Denkmale vorkommen. Die Bekannten, von denen sie sprechen, trifft also bei ihren Metallsuchen nur die Fundmeldepflicht für Bodendenkmale des § 8 DMSG, solange sie sich von bekanntermaßen denkmalgeschützten oder denkmalschutzwürdigen Fundstellen fernhalten. Wenn das BDA das anders sieht, ist das im Zweifelsfall in einem Strafverfahren zu klären, wobei in diesem ein Verweis des Beklagten auf das zitierte Erkenntnis des VwGH genügen sollte, um eine unmittelbare Einstellung des Strafverfahrens zu erreichen. So gesehen ist ziemlich egal, ob das BDA die gewünschte Rechtsauskunft erteilt oder nicht. Davon abgesehen: man kann sich im Zweifelsfall um Rechtsauskunft auch an die vorgesetzte Stelle des BDA wenden; im Notfall an den Minister direkt.

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  6. Das Ministerium wurde kontaktiert (nachdem das BDA weder auf mehrere E-Mails noch auf ein Einschreiben reagiert hat). Als Antwort bekamen die Meteoritensucher einen nichtssagenden Schimmelbrief. Aber in der Tat sagen beide, dass sie es mittlerweile gerne auf eine Anzeige ankommen lassen. Ich werde auf jeden Fall den nützlichen Hinweis auf das VwGH-Erkenntnis an sie weiterleiten.

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  7. Könntest Du sie eventuell direkt mit mir in Kontakt bringen? Mich interessieren solche Fälle und insbesondere die Unterlagen dazu selbstverständlich sehr als Quellen für meine Forschung; und umgekehrt könnte ich ihnen eventuell hilfreiche Ratschläge geben. Direkter Kontakt wäre daher mutmaßlich beiderseits nützlich. Du hast glaub ich eh meine Email-Adresse, wenn Du die einfach an die beiden weitergeben könntest mit der Bitte um Kontaktaufnahme bezüglich ihrer Erfahrungen, wäre ich Dir also sehr verbunden!

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